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Ich ins Altersheim? Niemals!

Hier mein Altersruheplan: Ich habe soeben beschlossen: „Ich will nie ins Altersheim“. Wenn ich einmal in später Zukunft alt und klapprig bin, werde ich bestimmt nicht ins Altersheim gehen, sondern auf ein Kreuzfahrtschiff. Die Gründe dafür hat mir unsere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt geliefert: „Die durchschnittlichen Kosten für ein Altersheim betragen 200 Euro pro Tag“! Ich habe eine Reservierung für das Kreuzfahrtschiff „Aida“ geprüft und muss für eine Langzeitreise als Rentner oder Rentnerin 135 Eruo pro Tag zahlen (kein Witz!). Nach Adam Riese bleiben mir dann noch 65 Euro pro Tag übrig.

Die kann ich verwenden für:
1. Trinkgelder: 10 Euro/Tag
2. Ich habe mindestens 10 freie Mahlzeiten, wenn ich in eines der Bordrestaurants wackele oder mir sogar das Essen vom Room Service auf das Zimmer, also in die Kabine, bringen lasse. Das heißt in anderen Worten, ich kann jeden Tag der Woche mein Frühstück im Bett einnehmen.
3. Die „Aida“ hat drei Swimming Pools, einen Fitnessraum, freie Benutzung von Waschmaschinen und Trockner und sogar jeden Abend Shows.
4. Es gibt auf dem Schiff kostenlos Zahnpasta, Rasierer, Seife und Shampoo.
5. Das Personal behandelt mich wie einen Kunden, nicht wie einen Patienten. Und für 5 Euro Trinkgeld extra pro Tag lesen mir die Stewards jeden Wusch von den Augen ab.
6. Alle 8 bis 14 Tage lerne ich neue Leute kennen.
7. Fernseher defekt? Glühbirne kaputt? Die Bettmatratze ist zu hart oder zu weich? Kein Problem, das Personal wechselt es kostenlos und bedankt sich für mein Verständnis.
8. Frische Bettwäsche und Handtücher jeden Tag sind selbstverständlich, und ich muss nicht einmal danach fragen.
9. Wenn ich im Altersheim falle und mir eine Rippe breche, dann komme ich ins Krankenhaus und muss gemäß der neuen Krankenkassenreform täglich dick draufzahlen. Auf der „Aida“ bekomme ich für den Rest der Reise eine Suite und werde vom Bordarzt kostenlos verarztet.
10. Ich habe noch von keinem Fall gehört, bei dem zahlende Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes vom Personal bedrängt oder gar misshandelt worden wären. Auf Pflegeheime trifft das nicht im gleichen Umfang zu.

Nun das Beste. Mit der „Aida“ kann ich nach Südamerika, Afrika, Australien, Japan, Asien … wohin auch immer ich will.

Darum sucht mich in Zukunft nicht in einem Altersheim, sondern „just call shore to ship“. Auf der „Aida“ spare ich jeden Tag 50 Euro und muss nicht einmal mehr für meine Beerdigung ansparen. Mein letzter Wunsch ist dann nur: werft mich einfach über die Reling. Das ist nämlich auch kostenlos.

Helga Loll, vorgelesen beim Kaffeeklatsch im BürSten-Haus

7 Kommentare auf "Ich ins Altersheim? Niemals!"

  1. 1
    K. S. says:

    Echt eine Alternative zu meinen bisherigen Ideen! Danke für die Anregung!

  2. 2
    Apotheker says:

    Ich weiß nicht, wie die ehemalige Gesundheitsministerin auf Kosten von 200 Euro am Tag kommt, das wären 6000 Euro im Monat. Ein Platz in einem guten Pflegeheim kostet ca 130 bis 150 Euro am Tag
    bei Pflegestufe III. Weniger Pflegebedürftige brauchen nicht soviel zu bezahlen.
    Eventuell ist Frau Schmidt von einer PolitikerInnen-Luxus-Pflegeeinrichtung ausgegangen.

  3. 3
    MV says:

    Das hast du dir alles schön überlegt und ausgerechnet. AAAber… hast du auch mal dran gedacht, was wäre wenn du pflegebedürftig wärst. Denkst du das AIDA Personal hilft dir beim Anziehen, wischt dir den Hintern ab, füttert dich? Oder bringt die wieder aufs Zimmer wenn du total verwirrt in der Gegend rumläufst, weil die Demenz zugeschlagen hat?

    Ich denke Leute die noch fit für eine Kreuzfahrt sind gehen nicht ins Altersheim. Ins Altersheim kommen Leute die eben nicht mehr für sich selbst sorgen können. Die dement sind oder einfach wegen körperlicher Behinderungen nicht in der Lage sind ihren Alltag zu meistern.

    Ich weiss du wolltest damit nur aufzeigen wie teuer und vielleicht realitätsfern die Pflegekosten in Deutschland sind.

  4. 4

    Traurig, dass solche Texte so unreflektiert hier veröffentlich werden. Der Bordarzt der Aida istnicht verpflichtet, insulinpflichtigen Diabetikern täglich das Insulin zu injizieren, wenn man selbst hierzu nicht in der Lage ist ebenso wenig den Verbandswechsel alle drei Tage nach AVO bei Ulcus cruris durchzuführen. Auch gibt es auf der AIDA wohl kaum Pflegekräfte, die jemanden tagtäglich beim An- und Auskleiden und Waschen behilflich sind, wenn man durch Arthritis, Osteoporose, Parkinson u. ä. bewegungsgeingeschränkt ist. Gibt es auf der AIDA Pfleger, die jemandem in den Rollstuhl setzen und in den Speiseraum fahren, ggf. Nahrung und Getränke anreichen?Angesichts der Verantwortung der Pflegekräfte ist die Pflege in Deutschland noch viel zu preiswert! Oder gibt es einen Grund, warum eine Pflegefachkraft in Berlin deutlich weniger verdient als eine Büroangestellte im öffentl. Dienst? Außerdem sind die Zahlen völlig falsch. Bsp. eines Pflegeheims in Reinickendorf: Pflegestufe 0 70, 27 Euro am Tag, Pflegestufe 1 84, 89, Stufe 2 102,21; Stufe 3 114, 58 Euro, Stufe 3 Härtefall 122, 98. Bei Pflegestufe 1 aufwärts übernimmt die Pflegeversicherung max 75% der Gesamtkosten. Den Rest muss man selbst übernehmen, kann man es nicht und ist eine Pflegeheimunterbringung notwendig, zahlt das Sozialamt. Obiger Beitrag ist vollkommen realitätsfremd!

  5. 5
    K. S. says:

    Hochzuverehrender Thomas Biegel, in welcher Osterlaune sind Sie denn? Da Sie offensichtlich das Thema gern prinzipiell angehen möchten, wie wäre es mit einer Mitarbeit bei einer entsprechenden NGO?

    Ich verstehe den Artikel nicht als Diskriminierung von Senioren und Pflegern, sondern als humorvollen Denkanstoß. Meines Wissens nach erhebt Moabit Online auch nicht den Anspruch, den „Generationenvertrag“ auf eine zeitgemäße Grundlage stellen zu können.

  6. 6
    K. S. says:

    Hab´ jetzt im Internet herumgesucht:

    Das Schmidt-Zitat fand ich noch nicht wörtlich, aber der Text oben kursiert seit mindestens 2005 durch Deutschland. Zunächst vermutete ich, dass die Urheberschaft in der Nachbarschaft liegt. Insofern bin auch ich jetzt etwas enttäuscht, denn ich erwarte von den Texten hier schon einen Moabit-Bezug.

  7. 7
    Susanne Torka says:

    Den Text hatte Helga Loll beim Kurzartikel-Festival als ihren eigenen Text eingereicht, was offensichtlich nicht der Fall ist. Das Festival war ja thematisch auch für Gedanken von Moabiterinnen und Moabitern offen.

    Der einzige Moabit-Bezug ist also die Einreichung durch die Moabiterin und, dass der Test beim Kaffeeklatsch im BürSten-Haus vorgelesen wurde, wie oben angegeben. Er fand dort schmunzelnde Zustimmung, wobei natürlich allen betagten Klatschtanten und -onkeln klar war, dass das Modell nicht wirklich für Pflegebedürftigkeit taugt.

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