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Jugendradio gegen Rassismus

Dünja-Mädchen haben mitgemacht

Wie macht man eine Radiosendung? Dass das gar nicht so einfach ist, stellten die Mädchen vom Dünja Mädchen-Kultur-Treff in der Jagowstraße fest. Aus Anlass des internationalen Frauentags am 8. März 2004 hatte sich diese Freizeiteinrichtung für türkische, arabische und deutsche Mädchen und junge Frauen ein besonderes Projekt ausgedacht: eine Radiosendung zum Thema Rassismus und Sexismus selbst gestalten. Als Anleiterinnen waren Birgit M. und Isidora R. dabei von ARA-Berlin, dem antirassistischen Radioprojekt der Falken (dieses Projekt gibt es jetzt nicht mehr).

Bevor die ersten Aufnahmen gemacht werden konnten, wurde erstmal zwei Tage gelernt. Die Mädchen untereinander und die Radiofrauen diskutierten die Themen Rassismus und Sexismus. Woran erkennt man rassistisches und sexistisches Verhalten im Alltag? Haben die Mädchen selbst schon Diskriminierungen erlebt? Begegnen sie häufig religiösen Vorurteilen? Kontrovers wurde zum Beispiel die „Frauenquote“ beurteilt. Hilft sie Benachteiligungen auszugleichen oder ist es eigentlich paradox ein sexistisches Mittel zur Überwindung von Sexismus einzusetzen, wie Jouanna meint.

Es sollte allerdings nicht nur um die eigenen Einstellungen gehen, sondern darum, wie bewusst Menschen in Moabit die Situation von jungen Migrantinnen sehen. Die Mädchen mussten lernen, wie man die Einstellungen der Interviewpartner überhaupt heraus bekommt. Welche Fragetechniken gibt es und wo sind sie angebracht? Das war eine Menge Stoff. Es fiel ihnen nicht leicht, sich zu einigen, welche Fragen sie stellen sollten. Asmaa, Halime, Hoda, Jouanna, Samah, Sara und Süheyla haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt und waren einen Nachmittag auf der Straße unterwegs, um die Leute für gezielte Interviews anzusprechen. Und obwohl sie vorher mit den Aufnahmegeräten, Minidisk-Recordern, geübt hatten, hat es bei einer Aufnahme leider nicht funktioniert. Das Material in eine aussagekräftige Sendung zu verarbeiten, brauchte einen weiteren Tag, an dem die Anmoderations- und Übergangstexte geschrieben und aufgenommen wurden. Zum Schluss wählten die Mädchen die Musik aus, Hiphop, Pop, arabische Lieder.

Und die Sendung ist ihnen sehr gelungen. Wenn es auch schwierig sein wird, sie bei Radiosendern unterzubringen, denn 22 Minuten ist relativ lang. Wer sich für die ganz verschiedenen Antworten zu den Fragen

  • Hatten Sie schon einmal schlechte Erfahrungen aufgrund Ihrer Herkunft?
  • Finden Sie nicht auch, dass ausländische Jugendliche dem Staat auf der Tasche liegen?
  • Sollte man den Jugendlichen eine Arbeitserlaubnis geben?
  • Sollte ein besonderer Feiertag für Migranten-Mütter eingerichtet werden, da sie mit ihrer höheren Geburtenrate die Renten sichern?
  • Wie würden Sie es finden, Ihren Personalausweis alle 6 Monate verlängern zu müssen und dabei bis zu 6 Stunden anzustehen und zu warten bis Sie selbst an der Reihe sind, so wie es ganz viele Menschen mit beschränktem Aufenthaltsrecht tun müssen?
  • Warum haben junge Migrantinnen Ihrer Meinung nach eine schlechtere Chance beim Einstieg ins Berufsleben?

interessiert, kann sich die Sendung hier anhören oder downloaden.

Da die Mädchen sehr viele Vorurteile über den Islam und das Kopftuch festgestellt haben, sollten die Befragten spontan ein Wort sagen, was ihnen auf dem Höhepunkt der Kopftuchdebatte bei der Nennung des Wortes „Kopftuch“ einfiel. Spontan kam: Türkin, Menschen aus anderen Ländern, Islam, gläubige Frau, Koran, Moschee, Muslima. Sie wollten wissen, was die Interviepartner darüber denken, dass im Fernsehen so viel über das Tragen von Kopftüchern diskutiert wird. Sie selbst konnten das Thema nicht mehr hören. Asmaa stellte ihre eigene Situation dar, dass ihr Praktikumsplatz abgesagt wurde, nachdem sie sich dort mit Kopftuch vorgestellt hatte. Sie wünscht sich Respekt und hat schon zu oft Ausgrenzung erlebt.

Zuerst erschienen in stadt.plan.moabit, Nr. 19, Mai 2004

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