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Okay, dann probiere ich mal die Harfe

Thomas Siener hat Klavier studiert und wollte Cembalist werden. Doch kam es ganz anders

Siener-Harfe-250Ob es wirklich an der Großmutter und an der Tante lag, dass Thomas Siener Musik studiert hat, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Aber beeindruckt haben sie ihn als Kind schon. Die Oma, wenn sie auf Hochzeiten das „Ave Maria“ gesungen hat, und die Tante mit der „Königin der Nacht“ aus Mozarts Zauberflöte. Überliefert ist auch, dass er schon als Kind auf dem Klavier Terzen gesucht hat. Mit acht Jahren erhielt er erstmals Klavierunterricht, und mit 17 begann er sein Studium der Musik mit dem Schwerpunkt Klavier in Saarbrücken. Heute spielt der Moabiter Musiker kaum noch Tasteninstrumente, sondern Harfe.

Das war so nicht geplant. Nach Saarbrücken wollte Thomas Siener sein Studium an der Musikhochschule Detmold fortsetzen und sich auf das Cembalo konzentrieren. Doch dann verabschiedete sich der von ihm favorisierte Dozent unerwartet in den Ruhestand. „Okay, dann probiere ich mal die Harfe; das ist ein besonderes und seltenes Instrument“, dachte er sich. Für den Wechsel vom Tasten- zum Zupfinstrument gab es aber noch einen anderen Grund: Sieners damalige Freundin war Harfenistin. Von Detmold ging es weiter zum Pariser Konservatorium „Hector Berlioz“. Hier studierte er als Stipendiat bei Brigitte Sylvestre, einer Meisterschülerin der berühmten französischen Harfenistin Lily Laskine. Nach seiner letzten Ausbildungsstation Stuttgart wurde es 1988 Zeit für den Umzug nach Berlin. „Nach vier Jahren habe ich es dort nicht mehr ausgehalten.“

Der 54-jährige Künstler tritt nicht mehr als Orchestermusiker, sondern ausschließlich als Solist, mit Kollegen im Duo oder in Kombination mit anderen Kunstrichtungen auf. „Das Orchesterspiel reizt mich nicht so, weil die Harfe dort eher selten vorkommt.“ In seinen „Nischenprogrammen“ steht sie hingegen im Mittelpunkt. Das neueste hatte am 16. März Premiere in der Heilandskirche: „Meine Gedichte – meine Musik“. Hier dürfen die Zuhörer bestimmen, was aufgeführt wird. Ein besonderes Erlebnis sind auch seine Auftritte in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin. Vor Werken aus verschiedenen Epochen spielt Thomas Siener die passende Musik vom 15. Jahrhundert bis in die Moderne, und der Kunsthistoriker Thomas Hoffmann erläutert die Gemälde. Fast schon Kultstatus hat sein Kriminalhörspiel „Der Harfenmörder“, das er gemeinsam mit dem Schauspieler Andreas Schmitz aufführt – unter anderem in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung in der Turmstraße.

Premiere-1-klein-250Mit seinem vielfältigen Angebot erreicht der in Neustadt an der Weinstraße geborene Harfenist alle Altersgruppen. Kinder liegen ihm besonders am Herzen. Für die Kleinen hält er gleich sechs Programme bereit. „Manuel, der Junge, der die Sonne weckte“, „Prinz Iwan und die Harfe“ oder „Die Schneekönigin“ heißen die musikalischen Theaterprojekte, die er ebenfalls mit Andreas Schmitz auf die Bühne bringt. Auch „Manuel“ wird demnächst in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung zu erleben sein. „Kinder sind ein dankbares Publikum. Nicht zuletzt deshalb, weil viele von ihnen noch nie eine Harfe gesehen und gehört haben.“

Acht Instrumente
Thomas Siener, der auch Harfe unterrichtet, tritt vorwiegend in Berlin auf. Nicht nur in Moabit, sondern etwa auch im Französischem Dom, im Konzerthaus am Gendarmenmarkt oder in der Spandauer Zitadelle. Das hat zwei entscheidende Vorteile: keine Übernachtungen und keine aufwendigen „Schwertransporte“ für seine schwergewichtigen Instrumente, von denen acht in seinem Musikzimmer in der Spenerstraße stehen. Dort wohnt der Musiker seit 20 Jahren. Er hat nichts dagegen, wenn man ihn als „Kiezkünstler“ bezeichnet. „Im meinem Kiez genieße ich das Persönliche und die Nähe zu den Menschen – das ist eine tolle Binnenstruktur.“

www.thomassienerharfe.de

Text: Martin Blath, Fotos: Martin Ciesielski

Zuerst erschienen in: Moabit! – Das Magazin für die Insel, April 2013.

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