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MAX-Mobil im Kleinen Tiergarten

Fixpunkt_CE-250Am MAX-Mobil lässt sich eine Frau im Rollstuhl einen Apfelsaft ausschenken und plaudert ein bisschen mit der jungen Praktikantin Caro. Später taucht ein älterer Mann im Western-Look in der Tür des umgebauten Wohnwagens auf. „Gefällt mir gut, euer Bus“, sagt er zu Ralf Köhnlein und erzählt, dass er früher mal als Beikoch in einer Suppenküche gearbeitet hat, aber seit einiger Zeit ohne Job ist. „Suchst Du Arbeit? Wir machen hier öfter mal was im Park“, sagt der Sozialarbeiter. Der Mann gibt ihm sofort seine Handynummer.

Immer dienstags und freitags steht das MAX-Mobil im östlichen Kleinen Tiergarten am Eingang Stromstraße / Alt-Moabit. MAX steht für „mobil“, „aktivierend“ und „Fixpunkt“: Der Verein Fixpunkt e.V., der seit vielen Jahren in mehreren Berliner Bezirken tätig ist, wurde Ende letzten Jahres mit der Straßensozialarbeit im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Kleinen Tiergartens beauftragt. Bekanntlich halten sich im Park auch Grüppchen mit besonderen Problemlagen auf: Manche sind alkohol- oder drogenabhängig, andere erhalten Methadon, viele leben in umliegenden Wohnheimen. Ca. 30 Menschen sind es, die im Park Gesellschaft, Kontakt und Kommunikation suchen. Auf den öffentlichen Workshops zur Umgestaltung des Kleinen Tiergartens hatte sich eine deutliche Mehrheitsmeinung gebildet: Die Grüppchen sollen nicht aus dem Park vertrieben werden, sondern bleiben können – notwendig sei aber ein möglichst konfliktfreies Nebeneinander vieler unterschiedlicher Parknutzer.

Auch die „Szenegruppen“ sollten einen Ort im Park erhalten – dort, wo sich die meisten von ihnen bislang aufhielten, nämlich im Abschnitt zwischen Heilandskirche und Stromstraße. Hier soll für sie im Zuge des Umbaus ein zeltähnlich aufgeschnittener Container mit Bänken, Tischen und einer Tischtennisplatte aufgestellt werden. Auch ein Trinkwasserbrunnen sowie eine öffentliche Toilette waren vorgesehen, doch die Finanzierung ist bislang noch nicht geklärt. Auch die Gruppen selbst wurden mit ihren Wünschen in die Planung einbezogen. Eine Arbeitsgruppe „Mobile Straßensozialarbeit“, an der die Sanierungsbeteiligten, der Präventionsrat des Bezirks, Stadtteilvertretung und die Fixpunkt-Mitarbeiter teilnehmen, verständigt sich regelmäßig über das aktuelle Geschehen. Ein ähnliches Modell wurde bereits am Leopoldplatz realisiert.

Als der Umbau hinter der Kirche im Februar begann, zogen die Grüppchen in den Senkgarten hinter dem „Café am Park“ um. Das verlief sehr friedlich und unkompliziert, sagt Köhnlein, überhaupt gebe es verhältnismäßig wenig Konflikte.

Seit Anfang des Jahres sind die drei Sozialarbeiter von Fixpunkt – Ralf Köhnlein, Sebastian Bayer und Natalia Humecka – mit ihren leuchtend roten Fixpunkt-Taschen mindestens dreimal pro Woche vor Ort, zweimal davon mit dem MAX-Mobil, an dem auch die Umbaupläne des Parks aushängen. Ihre Aufgaben sind umfangreich und vielfältig: Sie sind im ständigen Kontakt zu den Grüppchen, sprechen mit ihnen über ihre sozialen Probleme, über Gesundheitsvorsorge oder über Regeln im Umgang mit anderen.  „Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit ist ja vor allem, dass sie uns annehmen und akzeptieren“, sagt der Sozialarbeiter. Sie geben Getränke und kleine Imbisse aus: Kaffee  für 30 Cent, Tee und Wasser umsonst, Saft oder Kefir, Obst, oder Stullen für 20 Cent. Sie nehmen gebrauchte Spritzen entgegen und geben sauberes Drogenbesteck aus, aber z.B. auch Zahnpflegekaugummis. Zweimal mussten sie auch schon Erste Hilfe leisten.

Sie kooperieren eng mit den Sanierungsbeteiligten und lokalen Initiativen, sind in Kontakt mit umliegenden Einrichtungen, ob Drogenberatung, Wohnheim oder Apotheken, und begleiten auch zu Hilfeeinrichtungen. Es geht vor allem um Prävention: „Die Probleme sollen sich möglichst wenig in den Park verlagern“, so Köhnlein. Das dient auch der Konfliktvermeidung. Reinigungsaktionen im Park mit einigen aus den Gruppen gehören ebenfalls dazu, „viele machen schon jetzt sauber im Park“.

Ausdrücklich sind die Sozialarbeiter aber für alle Parkbesucher ansprechbar: Interessierten Passanten erklären sie die Umbaupläne, gehen auf die Verunsicherungen von Anwohnern ein, vermitteln bei Konflikten und klären beispielsweise über Drogen und den Umgang mit Abhängigen auf. Sie kommunizieren also in beide Richtungen.

Durch viele persönliche Gespräche kennen sie inzwischen die Grüppchen ziemlich gut. „Es gibt natürlich eine Fluktuation, aber auch einen ‚harten Kern’, der regelmäßig hier ist. Übrigens auch viele alte Moabiter, die vielleicht früher in der ‚Quelle’ ihr Bierchen tranken.“ Nun trifft man sich eben im Park.

Ein großes Problem ist eine fehlende öffentliche Toilette, weshalb die meisten im Park urinieren. Deshalb wünschen sich nicht nur Anwohner und die Sanierungsbeteiligten, sondern auch die meisten aus den Grüppchen ortsnah eine Toilette – doch eine Klärung des Problems steht noch aus, vor allem wegen der Wartungs- und Betriebskosten. Schon seit langer Zeit finanzieren die Bezirke deshalb keine öffentlichen Toiletten mehr. Nun wird fieberhaft nach Lösungen gesucht. Immerhin sind mit dem Backshop am Ottopark und dem „Café am Park“ schon zwei Betreiber gefunden, die bereit sind, mit dem Bezirk einen Vertrag über eine kostenlose öffentliche Toilette für alle Parknutzer abzuschließen. „Auch der Trinkwasserbrunnen wäre sehr wichtig“, sagt Ralf Köhnlein. Nun wollen die Sanierungsbeteiligten prüfen, wie die Betriebskosten doch noch aufgebracht werden können – vielleicht findet sich auch ein Sponsor.

Im Oktober, wenn die Bauarbeiten im Parkabschnitt abgeschlossen sind, wird sich zeigen, wie die Grüppchen ihren neuen Treffpunkt annehmen.

Text: Ulrike Steglich, Foto: Christoph Eckelt, bildmitte

Zuerst erschienen in der “ecke turmstraße“, Nr. 4, mai / juni 2013.

Kontakt:
Fixpunkt e.V. / MAX,
MAX-Mobil im Kleinen Tiergarten:
Dienstag 13 – 17 Uhr und Freitag 12 – 15 Uhr,
Festnetz: 616 755 883, Mobil: 0163 – 66 51 980, Mail: max@fixpunkt.org

Nachtrag:
Streetworker sollen bis 2017 arbeiten (Berliner Woche).

Pressemitteilung zum Kleinen Tiergarten nach Abendschaubericht (Berliner Woche).

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