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Hamburg und Lehrter Güterbahnhof wird erweitert

Auslegung zum Planfeststellungsverfahren bis 26.11.2014

Rangierfahrt

Rangierfahrt eines Kesselwagenzugs im HuL (2013), die im Bild zu sehenden Gleise sollen verlängert und teilweise in der Lage leicht verschoben werden

Der zwischen Heidestraße und Lehrter Straße liegende „Hamburg und Lehrter Güter­bahnhof“ (HuL), der ebenso wie der Güterbahnhof Moabit von der DB Netz AG betrieben wird, soll erweitert werden. Der HuL ist erforderlich, damit Güterzüge vom Nordring aus Richtung Berlin Moabit kommend im HuL einen Fahrtrichtungswechsel vornehmen, um von dort aus unter dem Nordring hindurch den zwischenzeitlich aus­ge­bau­ten Güter­bahnhof im Westhafen, der von der BEHALA betrieben wird, erreichen können. Die BEHALA hat den West­hafen in den vergangenen Jahrzehnten zu einem sogenannten „trimodalen Güter­verkehrs­zentrum“ ausgebaut, allerdings noch nicht elektrifiziert.

Doch die mittlerweile mögliche Güterumschlag-Kapazität im Westhafen kann aufgrund der derzeitigen Leistungsfähigkeit des HuL als notwendige Zwischenstation nicht genutzt werden, weshalb die Erweiterung der Infrastruktur des HuL beabsichtigt ist. Dies beinhaltet zum einen die Erneuerung und Verlängerung der im HuL befindlichen zwei Rangiergleise sowie des anschließenden Ausziehgleises. Zudem sollen diese Gleise und die bisher nicht elektrifizierte Strecke vom Güterbahnhof Moabit aus in den HuL und bis zum Anschlusspunkt an den Güterbahnhof im Westhafen elektrifiziert werden. Der MoabitOnline Artikel von Andreas Szagun „Die Hand, die Moabit umfasst“ beschreibt den historischen Hintergrund, wie es zu dieser umständlichen Rangiererfordernis kam und die Umstände, unter denen dies nicht abgeändert wurde.

Die vorgesehene Erweiterung des HuL stellt planungsrechtlich eine „wesentliche Änderung“ dar und erfordert daher ein Planfeststellungsverfahren, für das das Eisenbahnbundesamt als Genehmigungsbehörde verantwortlich ist. In der Zeit vom 27. Oktober 2014 bis 26. November 2014 findet deshalb die »Auslegung von Plänen zum Zwecke der Planfeststellung für das Bauvorhaben – „Erweiterung der Infrastruktur im Bahnhof Hamburg und Lehrter Bahnhof (HuL), Strecke 6106, km 0,595 bis km 2,600“« statt. Jeder, dessen Belange durch das Bauvorhaben berührt werden, kann bis spätestens zwei Wochen nach Beendigung der Auslegung, das ist bis zum 10. Dezember 2014 (maßgebend ist der Eingang in der Verwaltung), bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, VII E 3, Postanschrift: Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin, Zi. 422 R (während der Auslegungszeiten auch am Auslegungsort, beim Bezirksamt Mitte von Berlin, Abt. Stadtentwicklung, Fachbereich Stadtentwicklung, Zi. 183, Müllerstraße 146, 13353 Berlin,), schriftlich oder zur Niederschrift, nicht aber elektronisch, Einwendungen erheben. Alles weitere hierzu entnehmen Sie bitte der offiziellen Bekanntmachung zum Planfeststellungsverfahren.

Erweiterung der Nutzlängen der Rangiergleise

Die Nutzlängen der beiden derzeit zur Verfügung stehenden Rangiergleise betragen 453m bzw. 488m. An die deren Ende verbindende Weiche schließt  ein Stumpfgleis von 210m an. Die bisherige die Enden verbindende Weiche wird um 165 Meter versetzt wieder eingebaut, wodurch die Nutzlänge der Rangiergleise auf 700m erhöht wird, während sich die Länge des anschließenden Ausziehgleises entsprechend verkürzt. Damit die für den künftigen Betrieb notwendige Gleislänge von 44m für das Ausziehgleis erreicht wird, wird dieses gegenüber dem heutigen Zustand um 8,5m verlängert und der Bremsprellbock versetzt angeordnet. Die Signal- und Telekommunikationsanlagen werden an die neuen Verhältnisse angepasst, eine Oberleitungsanlage errichtet. Die derzeitige provisorische Beleuchtungsanlage wird durch eine neue Rangierwegbeleuchtung ersetzt. Die im Bereich der Perleberger Brücke liegende Weiche, von der aus die Rangiergleise beginnen, war zusammen mit einem kurzen Teil des westlichen Rangiergleises im Rahmen der Baumaßnahme der S21 planfestgestellt und erneuert worden.

Folge der Erweiterung: Mehr Anlieger von Güterverkehrslärm betroffen

Die Erweiterung des HuL erfolgt aufgrund dessen, dass die BEHALA im Westhafen mehr Güter umschlagen will. Für die entstehende Lärmbelastung ist einerseits die Zahl der Züge relevant, durch die Vergrößerung der Nutzlänge der Gleise erhöht sich auch die Länge des Bereichs der betroffenen Anlieger.

Laut Schallschutzuntersuchung zum Planfeststellungsverfahren hat die BEHALA im „Prognosenullfall“ ein Betriebsaufkommen von täglich 4 Kesselzügen (Länge 220m) und 16 Containerzügen (Länge 300m). Daraus ergeben sich 20 Zugfahrten (Hin-und Rückfahrt) und zusätzlich 20 Lokfahrten zum Abholen oder Herausschieben der Güterzüge durch eine Lok von BEHALA und Wendegleis. Die Gesamtzahl der Fahrten verteilt sich gleich für den Tageszeitraum (6-22 Uhr) und Nachtzeitraum (22-6 Uhr) mit jeweils 2 Kesselzügen und 8 Containerzügen.

Die Betriebsprognose der BEHALA für das Jahr 2025 unter Berücksichtigung der geplanten Baumaßnahmen einschließlich Elektrifizierung geht von veränderten Zugzahlen und ebenfalls veränderten Zuglängen aus. Täglich sollen 8 Kesselzüge (Länge 450m) und 16 Containerzüge (Länge 610m) erfolgen, wovon 6 Container- und 10 Kesselzüge auf den Tageszeitraum, sowie 2 Containerzüge und 6 Kesselzüge für den Nachtzeitraum prognostiziert sind. Aufgrund der Elektrifizierung der Strecke entfallen die im „Nullfall“ berücksichtigten „Lokfahrten“, berücksichtigt wird jedoch, dass die Lok des Güterzuges durch Umfahrung umgesetzt wird.

Anhand der mit diesen Daten ermittelten Emissionsdaten und unter Einbeziehung der topografischen Verhältnisse wurden in der Schallschutzuntersuchung die Immissionsdaten an den Gebäuden von Lehrter Straße und Heidestraße errechnet, um festzustellen, ob und wo eine „wesentliche Änderung“ eines schon vorhandenen Verkehrsweges gemäß der 16. Bundes-Immissionsschutz Verordnung (16. BImSchV) vorliegt. Eine „wesentliche Änderung“ durch einen „erheblichen baulichen Eingriff“ liegt im Sinne dieser Verordnung u.a. dann vor, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird. Hinsichtlich der „Schutzbedürftigkeit“ von Gebieten werden die Festsetzungen in den vorhandenen Bebauungsplänen herangezogen. Gebiete, für welche keine Festsetzungen in den Bebauungsplänen bestehen, werden „entsprechend der Schutzbedürftigkeit“ eingestuft.

Die Schallschutzuntersuchung zur Planfeststellung differenziert 2 Teilbereiche, die in der Untersuchung betrachtet Grundstücke sind in einer Karte dargestellt.

Teilbereich 1:
Lehrter Straße zwischen Kruppstraße und Seydlitzstraße, Geltungsbereich Bebauungsplan 1-67 (teilweise) und mit bestehender Gewerbebebauung im Bereich Heidestraße/Döberitzer Straße östlich der Bahnanlagen.

Für diesen Teilbereich führt der Untersuchungsbericht aus, dass im Bereich der bestehenden Bebauung eine „wesentliche Änderung“ gemäß der 16. BImSchV vorliegt, und an den betroffenen Fassaden bei 20 Wohneinheiten im Nachtzeitraum die Immissionsgrenzwerte überschritten sind, sodass die Bewohner dieser Wohneinheiten Anspruch auf Lärmvorsorge haben. Für die an der Heidestraße gelegenen Häuser mit Gewerbeeinheiten führt die Studie an, dass dort keine Wohnnutzung festgestellt wurde, weshalb dort kein Anspruch auf Lärmvorsorge besteht.

Für das geplante Bauvorhaben im Mittelbereich der Lehrter Straße wurde der Stand vom 26.04.2012 des Entwurfs des Bebauungsplans 1-67 herangezogen. Die resultierenden Ergebnisse werden in der Studie dargelegt. Nach dem Erwerb des Grundstücks von der CA Immo im Juli 2012 durch die Groth-Gruppe wurde die Planung für dieses Areal jedoch wesentlich verändert, weshalb die Aussagen in der vorliegenden Schallschutzuntersuchung des Planfeststellungsverfahrens keine Relevanz mehr haben. Innerhalb des Bebauungsplanungsverfahrens für den Mittelbereich Lehrter Straße werden neue Lärmschutzgutachten für diesen Bereich erstellt.

Teilbereich 2:
Lehrter Straße außerhalb des erheblichen Eingriffes in den Schienenweg. Dies betrifft einerseits den Teil der Lehrter Straße nördlich der Kruppstraße, aber auch verschiedene Gebäude an Perleberger Straße, Quitzowstraße und Ellen-Epstein-Straße.
Bei der Betrachtung nach der 16. BimSchV — also nur für den HuL — liegt laut Gutachten zwar eine „wesentliche Änderung“ vor, jedoch werden die zulässigen Immissionswerte aufgrund der Belastung durch den HuL allein nicht überschritten.

Gesamt-Schienenlärm Betrachtung

Zusätzlich zur Beurteilung des Schienenlärms nach der 16. BimSchV, die nur eine isolierte Betrachtung der beabsichtigten Veränderung vorsieht, erfolgte ein Betrachtung, ob und wo sich infolge des Schienenlärms eine Gesamtbelastung ergeben kann, die ein „kritisches Maß“ annimmt. Dabei wurde der Schienenlärm der zwei Fernbahnstrecken vom Hauptbahnhof zum Nordring, die geplanten S21 Strecken, die Belastung vom Berliner Innenring und das Betriebsprogramm der BEHALA zugrunde gelegt. Als gesundheitsgefährdende Beurteilungspegel wurden 70dB(A) tags und 60dB(A) nachts angesetzt.

Die Betrachtung der Gesamt-Schienenlärm-Belastung für insgesamt 77 Gebäude im Bereich der Baumaßnahme (Quitzowstraße / Lehrter Straße / Heidestraße) ergab, dass bei 19 Gebäuden die Lärm-Beurteilungskriterien erfüllt wurden. Davon haben 2 Gebäude keine schützenswerte Nutzung, 4 Gebäude betreffen den alten Bebauungsplanentwurf für den Mittelbereich Lehrter Straße. Für die restlichen 13 Gebäude wird durch den Vorhabenträger geprüft, ob eine schützenswerte Nutzung im jeweiligen Beurteilungszeitraum vorliegt, ob die vorhandene oder gemäß Bebauungsplan vorgegebene Bausubstanz ausreicht. Falls notwendig werden entsprechende passive Schallschutzmaßnahmen gemäß 24. BImSchV vorgesehen.

Die Unterlagen zur Planfeststellung stehen — neben der Einsichtmöglichkeit in der Auslegungsstelle beim Stadtplanungsamt des Bezirksamt Mitte, Rathaus Wedding –  Zi. 183, Müllerstraße 146, 13353 Berlin — auch im Internet zum Download bereit, leider in sehr benutzerunfreundlicher Art und Weise verteilt auf eine Vielzahl von (Unter)-Verzeichnissen und Dateien.

 

Nachtrag vom 20. Mai 2016

Die Berliner Zeitung vermeldete am 19. Mai 2016 in der Bildunterschrift des Artikels »2100 Arbeitsplätze – In Berlin und Brandenburg droht 33 Frachtbahnhöfen das Aus«, dass die Bahn-Güterverkehrsstelle am Berliner Westhafen geschlossen werden soll. Auch »moabit.net« verkündete die bevorstehende Schließung. Tatsächlich listet die DB Cargo in einem MoabitOnline vorliegendem Papier vom März 2016 als Güterverkehrsstellen, an denen vorbehaltlich der Diskussion mit Kunden, Gremien und Politik die Bedienung eingestellt werden soll, u.a. die Güterverkehrstellen Berlin Westhafen und Berlin Moabit auf. Nicht benannt in dem Papier wird jedoch der Bahnhof Berlin HuL (Hamburg und Lehrter Güterbahnhof), über den ja zwangsweise die Rangierfahrten zum Güterbahnhof Westhafen (und zum Kraftwerk Moabit) erfolgen.

Die BEHALA, die der tatsächliche Betreiber des Güterbahnhofs Westhafen ist, dementierte auf Nachfrage von MoabitOnline, dass der Güterbahnhof Westhafen geschlossen werden soll. Es könne lediglich sein, dass die wenigen Fahrten der DB Cargo zum Westhafen entfallen würden. DB Cargo ist nur einer von vielen Anbietern von Güterverkehr.

Der HuL war 2015 entsprechend den Plänen zur Erweiterung der Kapazität zur Belieferung des Bahnhof Westhafen ausgebaut, wenn auch noch nicht elektrifiziert worden.

Nachtrag vom  Mai 2022:
Am 11.01.2021 fasste das Eisenbahnbundesamt den Planfeststellungsbeschluss „Erweiterung der Infrastruktur im Hamburger und Lehrter Bahnhof (HuL)“.

4 Kommentare auf "Hamburg und Lehrter Güterbahnhof wird erweitert"

  1. 1
  2. 2
    Susanne Torka says:

    Das hat ja alles mit unserem kleinen Problem: „wie kommen die Züge in den Güterbahnhof Westhafen“ und die Versäumnisse der vergangenen Bahnplanung wenig zu tun. Oder sehe ich das falsch?

  3. 3
    Jürgen Schwenzel says:

    Die BEHALA als Betreiber des Güterbahnhofs Westhafen dementierte auf Nachfrage von MoabitOnline gestrige Meldungen in der Berliner Zeitung und von moabit.net, dass der Güterbahnhof Westhafen geschlossen werden soll. Es könne lediglich sein, dass die wenigen Fahrten der DB Cargo zum Westhafen entfallen würden (s. Nachtrag zum Artikel).

  4. 4
    Jürgen Schwenzel says:

    Auf Nachfrage bei einem Infovortrag im Rahmen des 6. Moabiter Energietags von Klaus-Günter Lichtfuß, BEHALA-Logistik, zum Zeitpunkt der Realisierung der Elektrifizierung war zu erfahren, das die bauliche Umsetzung erst nach den Arbeiten an der S21 beginne, und deshalb noch kein Termin genannt werden könne.

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