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Vergangene Tanzpaläste

PatzenhoferMoabit hat eine vielfältige Vergangenheit, doch so einiges ist verschwunden, was unseren Stadtteil einst bekannt machte.  Das Universum-Ausstellungsgelände, die Meierei Bolle, die größte Militärkaserne Preußens oder die Borsig-Werke sind nur  noch Erinnerung.
Auch dass der Osten Moabits einst ein Amüsierviertel war, ist heute kaum noch bekannt. Angefangen hatte es außerhalb  der Berliner Stadtmauern, jenseits der Spree mit den Zelten. Dort wo heute am Rande des Tiergartens das Haus der  Kulturen der Welt steht, vergnügten sich an den Wochenende Zehntausende beim Schwoof. Im 19. Jahrhundert  entstanden auch weiter nördlich in Moabit Tanzlokale und Gastwirtschaften, teilweise mit großen Gärten. In der Straße  Alt-Moabit etwa auf Höhe der heutigen Calvinstraße befand sich schon 1828 einer der größten Tanzgärten unter freiem  Himmel, der Eisertsche Tanzplatz. 1872 folgte das Bellevue-Theater in der Kirchstraße, das mehr Party als Theaterkultur  bot.
Es entstanden neue Säle, die hunderte Besucher fassten, wie das Moabiter Koloseum oder der Patzenhofer Festsaal in der  Turmstraße. Der vermutlich größte Veranstaltungsort waren die Hohenzollern-Säle in der Bandelstraße 35/36. Heute ist  sie eine der ruhigsten Straßen Moabits, aber wenn nach der Eröffnung im November 1879 die Säle öffneten, strömten  Hunderte von Besuchern in die Bandelstraße. Der Tanz- und der Theatersaal fassten zusammen weit über tausend  Feierfreudige.

HohenzollernsaalAus dem Bericht der niederländischen Division Berlin von 1914:
„Es war am Samstag, 25. April, im Erdgeschoss des Hohenzollernsäle, Berlin NW, Bandelstr. 35. Die Halle war mit Zweck  ordentlich bemalt Wandmalereien, der Darstellung der Seebrücke, die Dünen, Fischerschiffe und weitere eingerichteten  Umgebung. Der Besuch bestand aus etwa 200 Personen im Sommeranzug oder Holland-Tracht. Es gab lange Goudsche  pijpen, von einem Landwirt verkauft. Eine gute Kapelle gab ausgezeichnete musikalische Wartung; soweit die Partei war  wirklich Scheveningsch, weil das deutsche Element wurde am stärksten vertreten. Aus diesem Grund hielt unser Präsident  seine Eröffnungsrede in Deutsch, Niederländisch, es gab hochdeutsche Lieder und Tanz und eine Verbrüderung zwischen  den hier Versammelten. Im Großen und Ganzen hatten wir eine Party für die Teilnehmer und jeder ging nach Hause  glücklich.“
Anfang der 1930er Jahre wurden die Hohenzollern-Säle für die ständig stattfindenden Wahlveranstaltungen verschiedener Parteien genutzt.
Mit Ausnahme des Kolosseums, das bereits 1903 abgerissen wurde, existierten die Tanzpaläste in Moabit bis zum Krieg.  Wie ein Großteil der Wohnhäuser im Moabiter Osten wurden auch sie Opfer der Bomben. Die Erinnerung an eine über ein  halbes Jahrhundert lange Feierkultur in Moabit ist heute praktisch verblasst.

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