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„Wem gehört Moabit?“ – Initiative informiert

Die Initiative „Wem gehört Moabit?“ hat sich getroffen und die Reaktionen auf ihren Artikel besprochen. Hier der aktuelle Stand aus der Initiative:

Nach dem Echo hier auf Moabit Online – auch aus anderen Teilen der Stadt – hat sich die Initiative entschlossen, zu einer öffentlichen Veranstaltung einzuladen. Aus der spontanen Initiative im B-Laden soll ein Projekt werden mit klarer umrissenen Zielen und Inhalten. Diese Projektgruppe will mit Verbänden, Behörden und Anderen zusammenarbeiten.

Vorher jedoch noch einige Klarstellungen: es war nie das Ziel der Initiative eine Karte von Moabit-Ost mit den Namen der Hauseigentümer zu veröffentlichen. Es geht vielmehr darum, mit einer aktuellen Visualisierung der unterschiedlichen Eigentumsformen wie landeseigenes Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossen-schaften, Einzeleigentümer, Finanzinvestoren (Fonds, Holdings) und Häuser mit Eigentumswohnungen (WEG) bzw. Wohnprojekte eine Arbeitsgrundlage für die Stadteilentwicklung zu schaffen und diese auch periodisch fortzuschreiben. Die Frage nach den Eigentümern hatte den Hintergrund, ein Frühwarnsystem zu schaffen um auf systematische Aufkäufe z.B. von „Heuschrecken“ reagieren zu können.
Der Termin der Startveranstaltung des Projektes „wem-gehoert-moabit.de“ wird hier rechtzeitig bekannt gegeben.

Parallel zu dem Projekt wird eine Arbeitsgruppe im B-Laden sich weiter um die Verkäufe ganzer Hauskomplexe an internationale Investoren kümmern. Erste Ergebnisse sollen bald vorgestellt werden.


Ursprungsartikel vom 18. Februar 2010 „Wem gehört Dein Haus?“:

MoabitOnline dokumentiert die Umfrage der neu gegründeten Initiative „Wem gehört Moabit?“ mit Sitz im B-Laden, Lehrter Straße 27-30, 10557 Berlin, Kontakt kann über die im Text genannte Mailadresse hergestellt werden. Wer zu Treffen der Initiative eingeladen werden möchte, kann sich ebenfalls melden.

Umfrage der Initiative „Wem gehört Moabit?“

Wir beobachten seit einiger Zeit Veränderungen in der Hausbesitzer-Struktur in Moabit. Beispiele dafür sind Verkäufe von ganzen Wohnkomplexen an internationale Investoren z.B. in der Lehrter Straße. Zudem werden in zahlreichen Moabiter Altbauten die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt.

Mit diesen Entwicklungen sind Sorgen wie „Steigt das Mietniveau?“ aber auch Chancen für die Entwicklung unseres Wohngebietes verbunden.

Um auf Veränderungen rechtzeitig vorbereitet zu sein hat sich Mitte Februar eine neue Initiative im B-Laden gegründet, die das Gebiet von Moabit-Ost im Blick hat und herausfinden möchte, wem Moabit eigentlich gehört. Mit Moabit-Ost meinen wir das Gebiet, das von der Lehrter Straße / Quitzowstraße / Stromstraße / Turmstraße / Rathenower Straße / Invalidenstraße (siehe Karte unten) eingeschlossen wird.

Wenn Du in diesem Gebiet wohnst, bitten wir Dich, uns mit einer email an wem-gehoert-moabit@lehrter-strasse-berlin.net folgende drei Fragen zu beantworten:

  • Um welches Haus (Straße und Haus-Nr.) handelt es sich?
  • Wer ist der Besitzer des Hauses? Oder ist es eine Eigentümergemeinschaft (einzelne Eigentumswohnungen)?
  • Weisst Du, seit wann das Haus dem jetzigen Eigentümer gehört?

Folgende Fragen sind für die Initiative auch noch von Interesse:

  • Welche Hausverwaltung ist zuständig?
  • Wird das Haus möglicherweise zwangsverwaltet?
  • Steht Deines Wissens ein Verkauf an?
  • Sind frühere Eigentümer oder häufige Eigentümerwechsel bekannt?
  • Gibt es Probleme mit der Verwaltung oder dem Eigentümer?
  • Ist es ein Alt- oder ein Neubau?
  • Gibt es Gewerbe im Haus?

Natürlich sind wir für alle Kommentare und Hinweise dankbar und stehen auch für Nachfragen zur Verfügung.

Wem gehört Moabit?“ ist ein mittelfristiges Projekt, in dem wir alle verfügbaren Informationen über die Hauseigentümerstruktur in einer allgemein zugänglichen Übersichtskarte unseres Wohngebiets zusammentragen wollen. Dies sollte uns allen helfen, auf die zukünftigen Entwicklungen rechtzeitig reagieren zu können, denn es gibt ja „solche und solche“ Hauseigentümer…

Text: Initiative „Wem gehört Moabit?“ im Februar 2010

79 Kommentare auf "„Wem gehört Moabit?“ – Initiative informiert"

  1. 1
    Le says:

    Das Ziel, das sich die INITIATIVE vorgenommen hat, halte ich grundsätzlich für gut. Vorab fände ich es gut, wenn sich die Personen, die diese Initiative gegründet haben einmal vorstellen und konkret darüber Auskunft geben, was sie mit den gesammelten Daten vorhaben und ob an einen Datenschutz vor allem auf der Seite der Informanten gedacht worden ist.

  2. 2
    Carsten says:

    Interessante Initiative. Nur zur Sicherheit sollte man mal jemand fragen, der sich mit den Untiefen des Datenschutzrechtes auskennt, damit man bei Erhebung und Bereitstellung der gewonnenen Informationen nicht in rechtliche Graubereiche kommt. Außerdem sollte man auch noch mal prüfen, wem man mit solchen Daten ggf. einen Dienst erweisen könnte. Das könnten auch die Falschen sein. (Für kostenlos aufbereitete Infos über zwangsverwaltete Häuser würden auswärtige Investoren sicher dankbar sein:))

  3. 3
    Initiative "Wem gehört Moabit?" says:

    Wir werden Interessierte zum nächsten Initiativentreffen einladen. Der Termin steht noch nicht fest. Bei der Veröffentlichung sollte es um Kategorien gehen, aber das ist letztendlich noch nicht im Detail besprochen. Wir warten erstmal die Resonanz ab. Datenschutz haben wir auf jeden Fall im Blick. Und Interesse der „falschen Seite“.

  4. 4
    Carsten says:

    Sorry, man kann nicht abwarten und den Datenschutz im Nachhinein besprechen, wenn die Informationen schon gesammelt werden und wurden. Es man zuerst klar sein, wie die Daten aufbereitet werden und was davon veröffentlicht wird und was mit den Adressen der Absender geschieht. Das ist hier zu schnell gestrickt. Es gibt noch nicht mal einen Namen für einen Verantwortlichen, sondern nur eine anonyme Mail, an die man personen- und eigentumsbezogene Daten schicken soll! Datenschutzrechtlich ist das ein Graus. Ihr sammelt Daten über Hausbesitzer, samt Infos über ihr Verhalten und wirtschaftliche Situation? Darf man das? Vielleicht ja, vielleicht nein. Sicherheitshalber mal beim Berliner Datenschutzbeauftragten nachfragen, dafür ist der da. Alles gut gemeint, aber bitte noch mal nachbessern!

  5. 5
    Matthias says:

    Man kann tatsächlich beobachten, wie der Bezirk/Stadteil Moabit, der wohl lange Zeit in der öffentlichen (Fremd-)Wahrnehmung als eher unattraktiv galt, zunehmend für (internationale) Finanz-bzw. Immobilieninvestoren interessant wird. Damit ist nicht selten der Umstand verbunden, dass die neuen Besitzer in der Regel kaum „erkennbar“ sind, zumeist handelt es sich um Eigentümer/Immobilienfonds, die sich hinter anonymen Firmenbezeichnungen und internationalen Adressen „verstecken“. Als Mieter wird einem gerade noch der Name der neuen Hausverwaltung mitgeteilt, will man jedoch wissen, wem das Haus nun eigentlich gehört, und auf wessen Konto die Miete letztlich landet, bedarf es schon der Eigeninitiative und aufwendiger Recherche. Und so kann man dann auch schon mal in Erfahrung bringen – entsprechende Eigeninitiative und Fremdsprachenkenntnisse vorausgesetzt – dass sich hinter einer völlig nichtssagenden Firmenbezeichnung „in Wirklichkeit“ die Hotelinvestmentsparte einer der weltweit größten berühmt-berüchtigten Investmentbanken verbirgt. Und was die wohl langfristig planen ?? Mit anderen Worten: Immobilienfonds wissen (auch) wie man Datenschutz betreibt. Hier zu versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, ist eine wichtige Aufgabe. Dies soll jetzt natürlich nicht die hier bereits vorgetragenen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzverantwortung auf Seiten der Initiative relativieren. Diese sind absolut Ernst zu nehmen.
    Möglicherweise wird es sich kaum verhindern lassen, dass sich Moabit aufgrund seiner zentralen Lage und seiner Nähe zu Spree, Tiergarten und Regierungsviertel über kurz oder lang in einen Rendite-Bezirk ähnlich wie P-berg, Berlin-Mitte und seit Neuestem auch K-berg entwickeln wird. Und ich denke, es ist gut und wichtig, wenn man durch die Arbeit einer solchen Initiative rechtzeitig etwas von dieser Entwicklung und vom Ausmaß dieser Entwicklung mitbekommen kann. Nicht zuletzt, um ggf. rechtzeitig eine öffentliche (politische) Diskussion hierüber in Gang setzen zu können.
    Ich würde mich freuen, würden sich viele bereits „betroffenen“ Anwohner an der Initiative beteiligen.

  6. 6
    moabiterin says:

    ein gräßliches Beispiel von Mietervertreibung aus P-berg ist heute in der Berliner Zeitung zu lesen:
    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/156341/156342.php

  7. 7
    Susanne Torka says:

    Bei der Recherche zu dem größten deutschen Wohnungsunternehmen der Deutschen Annington, die einem englischen Private Equity Fonds gehört, bin ich über Wikipedia auf das Mieterforum Ruhr gestoßen, das über eine Tagung in Berlin vom Anfang Februar berichtet, die für die Zukunft nichts gutes verheißt:
    http://www.mieterforum-ruhr.de/de/themen/fondsvermieter/index.php/art_00002049
    Der Deutschen Annington gehören hier in Moabit-Ost auch einige oder viele (?) Häuser.
    Dossier über die Deutsche Annington:
    http://www.mieterforum-ruhr.de/de/themen/wirtschaft/unternehmen/index.php/art_00000448

    Forderungen, die das Mieterforum Ruhr vor der Bundestagswahl an die Politik stellte, um der drohende Krise zu begegnen:
    „Mieterforum Ruhr fordert konkrete politische Maßnahmen auf drei Ebenen:

    (1) Durch eine Stärkung der Mieterrechte und der Mietermitbestimmung in großen Wohnungsunternehmen sollen die Großvermieter gezwungen werden, nachhaltiger zu investieren und die Mieter rechtzeitig über Veränderungen der Eigentümerstrukturen zu informieren.

    (2) Die großen Vermieter sollen gesetzlich dazu verpflichtet werden, einen ausreichenden Teil der Mieteinnahmen in Bauerneuerungsfonds zu zahlen, die vor Konkursen gesichert, öffentlich reguliert und möglichst von Mietervertretungen mitbestimmt sind.

    (3) Der Staat soll Eigenkapitalhilfen für die Bildung von Auffanggesellschaften unter Federführung kommunaler Wohnungsunternehmen zur Verfügung stellen. Wenn die Preise verfallen, es zu Notverkäufen kommt, sollten diese Auffanggesellschaften bereit stehen, die Wohnungen wieder in solide, möglichst öffentliche, Eigentumsformen zu überführen. Durch den Erlass von Sanierungssatzungen können sich die Städte schon heute Vorkaufsrechte für bedrohte Bestände sichern.“
    Quelle: http://www.mieterforum-ruhr.de/de/themen/fondsvermieter/index.php/art_00001982

    Jetzt mal ein Berliner Beispiel, die Bundesschlange auf dem Moabiter Werder
    Berliner Mieterverein contra Deutsche Annington. Erfolg für Mitglieder erstritten; MM Jan/Feb 2008:
    http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0108/hauptmm.htm?http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0108/010810a.htm
    Zuvor erschien im Sept. 2007: Deutsche Annington kann nicht rechnen. Wie Kraut und Rüben
    http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0907/hauptmm.htm?http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0907/090706a.htm

    Außerdem interessant im Handelsblatt vom 13.2.2010, Berliner Senat bremst Börsengang der GSW:
    http://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/wohnungsgesellschaft-berliner-senat-bremst-boersengang-der-gsw;2528638
    Auch das Handelsblatt hat ein Dossier zur Deutschen Annington:
    http://www.handelsblatt.com/themen/_p=909,qtxo=Deutsche+Annington+Immobilien+GmbH+%28DAIG%29

  8. 8
    Karl-Josef Stöhr says:

    Es ist schon verwunderlich, dass Veränderungen in Innenstadtvierteln von Berlin jedenfalls dann als Bedrohung angesehen werden, wenn die Viertel aufgewertet werden. Zugleich wird aber geklagt, solange das Viertel eine arme Bevölkerungsstruktur aufweist.

    Ich habe selbst zwei Häuser in der Gegend, die nun offensichtlich kontrolliert werden soll und freue mich außerordentlich, wenn ich dort immer mehr sehr junge Leute (meistens Studenten) auf der Straße sehe, die noch vor wenigen Jahre NIEMALS in der Ecke gewohnt hätten. Das bisher vorherrschende Elend geht sichtbar zurück. Das ist aber die unmittelbare Folge der Investitionen in viele Gebäude durch die Eigentümer, deren Namen und Anschriften der – anonyme – Initiator dieser eigentümlichen Initiative ermitteln möchte.

    Moabit ist ein wunderschöner Ort, der gerade richtig aufzublühen beginnt. Schnüffeleien sind da meines Erachtens fehl am Platz.

  9. 9
    vilmoskörte says:

    Lieber Herr Stöhr,

    viele haben wohl nichts dagegen, wenn ihr Viertel „aufgewertet“ wird. Das darf aber nicht zu der einseitigen Aufwertung führen, dass die Mieter dann das doppelte zahlen sollen und deswegen in ein, zwei Dezennien 80 % der Bevölkerung gegen ein zahlungskräftigeres Publikum ausgetauscht wird. Auch möchte ich anmerken, dass diejenigen, die die Gentrifizierung als Bedrohung sehen, in der Regel eine andere Gruppe darstellen, als diejenigen, die sich über eine „arme Bevölkerungsstruktur“ beklagen (das sind eher die „zugezogenen Schwaben“, denen der „arme Eingeborene“ nicht gefällt.)

    Und solche Aussagen wie „Das bisher vorherrschende Elend geht sichtbar zurück. Das ist aber die unmittelbare Folge der Investitionen in viele Gebäude durch die Eigentümer“ sind einfach nur dumm. Das „Elend“ beginnt für die durch die hohe Miete Vertriebenen in der Regel mit ihrer Vertreibung und ist natürlich nicht mehr sichtbar, weil die Vertriebenen nicht mehr da sind.

  10. 10

    […] Moabit-Ost hat sich nun eine “Initiative – Wem gehört Moabit” gegründet, die über eine Webseite zur Erfassung der Eigentümerstruktur in der […]

  11. 11
    G. says:

    Kann da Herrn Stöhr nur beipflichten. Sobald jemand sein Haus modernisiert wittert man eine Vertreibung der -Ur-Moabiter- und steigende Mieten, die sich niemand mehr leisten kann.
    Überall wird der Umweltschutz gefordert. Aber wenn jemand sein Haus mit Vollwärmeschutz, neuen Fenstern und eine moderne Heizung ausstattet, was ja eigentlich den Umweltschutz fördert, kreischen alle auf und zittern um ihre billige Wohnung.
    Modernisierung = Vertreibung?
    Wem die Häuser in Moabit gehören ist doch völlig egal, solange sich was zum Guten verändert.

    Ist denn die Frage mit dem Datenschutz schon geklärt?
    Die gestellten Fragen gehen mir etwas zu weit…

  12. 12
    Rané says:

    Nun, eine Pauschalisierung von Mietern und Eigentümern sollten wir vermeiden. So gibt es private Eigentümer und Wohnungsbaugesellschaften
    und Unternehmen, die nur mit den Immobilien spekulieren. Die einen modernisieren und damit erhöht sich die Miete, die anderen modernisieren nicht und die Miethöhe bleibt gleich. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber gegen die, die erhöhen und nicht mal ihrer Instandsetzungsverpflichtung nachkommen. Das sind neben den Spekulanten die geldgeilen Aasgeier und dagegen sollte man sich wehren.

  13. 13

    […] °°°der berliner abgeordnete, der wegen vergabemauscheleien bei der korrekt gelaufen sei.°°° in kreuzberg versucht der bezirk drei schiffe aus der spree zu stehen.°°°immer noch werden graffiti-künstler wem gehört moabit“ […]

  14. 14
    moabiterin says:

    wo kann die datenbank eingesehen werden?

  15. 15
    Johannes Immink says:

    Sehr geehrter Karl-Josef Stöhr,

    vorab: ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Sie sich als Hauseigentümer „outen“ und sich hier an der Diskussion beteiligen. Nur wenn alle an der Entwicklung unseres Stadtteils beteiligten Gruppen und privaten Menschen aktiv mitwirken wird es vorangehen. Öffentliche Programme können das nicht leisten, nur dabei helfen.

    Es ist aber nicht richtig, dass es sich bei Wem-gehört-Moabit um eine Schnüffelkampagne handelt. Mir gefällt auch nicht, dass die Initiative mit dieser ersten Kampagne so anonym über das Internet daherkommt, aber der B-Laden ist eine zuverlässige Adresse (überzeugen Sie sich doch einfach persönlich) und man muss die gefühlte Bedrohung der Mieter aus der aktuellen Umwälzung der Besitzverhältnisse in der Lehrter Strasse verstehen. Ich erwarte, dass es in Zukunft – insbesondere bei der Resonanz auf diese schnelle erste Veröffentlichung im Netz – sicher auch weitere öffentliche Veranstaltungen der Initiative geben wird.

    Kein vernünftiger Mensch wird behaupten, dass ein arbeitsfähiger mobiler Mieter, der sein Einkommen nicht in Moabit erzielt, das lebenslange Recht hat, in der Mitte von Berlin für 3,50 €/qm zu wohnen, auch wenn sein Haus renoviert, modernisiert und wärmegedämmt wurde. Es wird so sein, dass bei einer Entwicklung „zum Guten“ einige Mieter (sicher nicht 80%, auch nicht 40%, vielleicht 10 – 20%) wegziehen werden. Nur kann diese „Vertreibung“ nicht die schutzlosen, alten oder schon lange in Moabit beheimateten Menschen betreffen, um die müssen sich Initiativen hier im Stadteil kümmern. Und um alle, die versuchen im Kampf mit den wirklich skrupellosen Finanzimperien zu ihrem Recht zu kommen.

    Ein weiteres Ziel der Iniative ist es aber auch, in den nächsten Jahren eine vernünftige Datenbasis über die Wohnverhältnisse in Moabit zu erarbeiten. So ist zum Beispiel auch die Aufteilungswelle (Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen) in den 90er Jahren nicht an Moabit vorbei gegangen und hat ein neues Klientel in den Stadtteil gespült, das man unbedingt in die Entwicklung einbinden sollte. Diese Leute haben nicht nur hier investiert, viele wohnen – wie ich selbst – auch hier in ihren Wohnungen. Oder vermieten als Privatleute z.B. an Studenten.

    Mein Fazit: noch sind wir uns nicht klar wie wir uns auf unserer Insel in der Mitte der grossen Stadt Berlin in Zukunft einrichten wollen aber jede sachliche Diskussion und Mitwirkung bringt uns hier ein Stück weiter. Ich bin sicher, die Initaitive „wem-gehört-moabit“ leistet einen Beitrag hierzu.

  16. 16
    Karl-Josef Stöhr says:

    Sehr geehrter Herr oder Frau vilmoskörte,

    ich habe mich bemüht, in einem sachlichen Beitrag meine Meinung darszustellen und möchte mich eigentlich ungern dafür beleidigen lassen.

    Sie argumentieren wie alle Gentrification-Kritiker mit der „Vertreibung“, die es in Berlin angeblich gibt. Wo diese Vertreibung tatsächlich stattfindet, bleibt aber sehr im Dunkeln. Selbst im Gentrification- Mekka Prenzlauer Berg ist es so, dass keine drei Kilometer entfernt, in Lichtenberg, der mir bekannte Eigentümer einer wunderschön sanierten, denkmalgeschützten Wohnanlage einem Mietinteressenten, der bereit ist, 4,50 EUR/m³ zu zahlen, vor Glück weinend um den Hals fällt. Soll das wirklich „Vertreibung“ sein, wenn sich jemand eine neue Mietwohnung um die Ecke suchen muss?

    Übrigens, um Ihre Vorurteile zu nähren: Ich bin ein vor 27 Jahren „zugezogener Schwabe“.

  17. 17
    R@lf says:

    @ Herr Stöhr

    „…Mietinteressenten, der bereit ist, 4,50 EUR/m³ zu zahlen, vor Glück weinend um den Hals fällt.“

    Mir kommen die Tränen. Nur weiß ich nicht ob vor Lachen oder Weinen.

    Naja – Scherz beiseite und nur nicht wieder beleidigt fühlen: ein seriöser Hausbesitzer, der seriöse Mieten nimmt und sich um seine Immobilie kümmert wie es sich gehört und vorgeschrieben ist, wird von dieser Initiative wohl kaum irgendetwas zu befürchten haben. Dunkelmänner wahrscheinlich schon eher – die möchten nämlich im Dunkeln bleiben, damit sie ungestört ihren finsteren Geschäften nachgehen können…

  18. 18
    besserwisser says:

    @ Herr Stöhr…

    die von Ihnen ins Feld geführten Argumente entsprechen leider nicht der Wahrheit:
    vielmehr ist es so, dass in vielen Studien nachgewiesen werden konnte, das es in P‘ Berg, Mitte und Friedrichshain sehr wohl zu Verdrängung der Bewohner gekommen ist.

    Das liegt natürlich nicht nur an den modernisierungsbedingten Mieten, sondern hat vielschichtige Gründe.
    Angefangen von einer sich zunehmend veränderten Nachbarschaft, Eigentumswohnungen, Entfremdungsgefühle im eigenen Kiez ( um hier ein gängiges Klischee aufzugreifen-> bspw. durch viele „Schwaben“), teureren Geschäften usw…

    Wenn ich sie richtig verstehe, sollen diejenigen die sich P’Berg nicht leisten können, doch einfach ins billigere Lichtenberg ziehen? Gut, aber macht nicht auch, neben der Höhe der Miete, gerade die Verwurzelung in einer Nachbarschaft die Wohnqualität aus?
    Vielleicht möchten die Alteingesessenen gar nicht wegziehen und nicht bloß wegen ihrer schönen Wohnung, sondern wegen ihrer Nachbarn, ihrer Freunde, ihrem Lieblingscafe, ihrem Arzt gleich um die Ecke…??
    Im Zuge einer Aufwertung verändern sich aber genau all diese Dinge, es sind eben nicht bloß die baulichen Maßnahmen die eine Aufwertung auslösen.

    So muß man nicht gleich „Gentrifizierung“ schreien, wenn Häuser verkauft oder saniert werden, man sollte diese Entwicklung aber auch nicht ausschließen und da die Änderungen bspw. in P‘ Berg erst sichtbar wurden, als es schon zu spät war- ist diese Initiative hier doch eine gute präventive Maßnahme.

    Schönen Gruß aus dem Friedrichshain ( wo mittlerweile gerne auch mal bis zu 10€/qm verlangt werden)

  19. 19
    besserwisser says:

    ach ja,

    ich sehe auch nicht, was die Gentrification Prozesse in Prenzlauer Berg ( die eindeutig belegt sind!!) mit dem 3km ( diese Angabe wage ich auch zu bezweifeln) entfernten Lichtenberg zu tun haben.??

    Nur weil dort die Mieten noch (!) günstig sind, schließt es doch Verdrängung in P’Berg nicht aus. Und selbst in Lichtenberg gibt es mittlerweile Aufwertungstendenzen, z.B. rund um die Kaskel- oder Pfarrstraße….

  20. 20
    Susanne Torka says:

    Der Vergleich mit den Sanierungsgebieten in P-berg und Alt-Mitte ist schon interessant, so ist im MieterMagazin des Berliner Mietervereins von Jan./Feb. 2009 unter der Überschrift „Drei Sanierungsgebiete aufgehoben. Baulich erfolgreich, sozial gescheitert“ zu lesen:
    „So haben nur 17,3 Prozent der heutigen Bewohner am Kollwitzplatz schon vor 1993 im Gebiet gelebt, hingegen ist die Hälfte der Bewohner erst nach 2002 zugezogen.“
    Quelle: http://berliner-mieterhandbuch.de/magazin/online/mm0209/hauptmm.htm?http://berliner-mieterhandbuch.de/magazin/online/mm0209/020910a.htm
    Also kann man ohne damit zu polemisieren von 80% Bevölkerungsaustausch sprechen.

  21. 21
    Johannes Immink says:

    Ich persönlich glaube nicht, dass die Entwicklung von Moabit mit der Entwicklung in der alten Mitte oder in Friedrichshain, also in der ehemaligen Hauptstadt der DDR, direkt vergleichbar ist. Dort gab es wirklich einen „New Deal“, einen gesellschaftlichen Umbruch nach der Wiedervereinigung. Und die vielen denkmalgeschützten Häuser waren natürlich ein legales steuerliches Eldorado für selbstnutzende Besserverdiener, nicht zuletzt auch Politiker (gute Besserung an Jürgen Trettin), daran haben sich auch viele Makler und Banken gesund gestossen.

    Und: wer möchte schon ernsthaft aus Moabit in dieses Berliner Schwabing ziehen?

  22. 22
    vilmoskörte says:

    Lieber Herr Stöhr,

    wenn Sie es gerne sachlich wollen, dann erklären Sie doch einmal, was das „vorherrschende Elend“ ist, wie es „sichtbar zurückgeht“ und wieso das die „unmittelbare Folge der Investitionen in viele Gebäude durch die Eigentümer“ sein soll. Ich bin gespannt.

    Ich habe (fast) keine Vorurteile gegen Schwaben, sie stehen hier nur, wie so oft, als Symbol (deswegen in Anführungszeichen) für die neuen Bevölkerungsschichten, die wegen ihrer höheren Zahlungskraft die Alteingesessenen verdrängt haben.

    Dass es die Vertreibung der ursprünglichen Mieter in etlichen Teilen Berlins nicht gegeben hat, die dazu führte, dass in den Jahren seit der Wende rund 80% der Mieter ausgetauscht wurden, können Sie doch nicht ernsthaft behaupten.

  23. 23
    PGrund says:

    Was soll eigentlich diese „Gentrifizierungshetze“ in den letzen Jahren? Fast scheint es so als wenn die Berliner ein „neues Phänomen“ für sich entdeckt, das es in Wahrheit schon so lange gibt, wie es Städte gibt.
    Fraglich ist vor allem die „Personalfrage“ des hier so gescholltenen Gentrifizierungsprozesses. Im Moment behaupten Wedding, Moabit, Kreuzbergs, Neukölln, Friedrichshain, Weißensee, Pankow und Teile Lichtenbergs bald das so scheinbar so verachtenswerte neue Prenzlauer Berg zu werden. Davon mal abgesehen, ist der Vorgang in Pberg, wie von Herrn Immink schon angerissen, tatsächlich relativ einmalig, betrachtet man die geschichtlchen, politischen und baulichen Vorraussetzungen. Also, wo bitte sollen denn die ganzen gut betuchten Bürger alle herkommen, die dann flächendeckend (oder besser zu 80%) die schon erwähnten Gebiete beziehen?
    Kurz gesagt, die „Gefahr“ eines so durchstrukturierten Umwälzungsprozesses wie im Prenzlauer Berg ist so gut wie nicht gegeben.
    Ich fände es wichtiger, die hier freigesetzten Energien in vernüftige Stabilisierungsprozesse zu stecken und die zaghaften Aufwertungsprozesse als Gewinn anzusehen. Ich spreche hier auf keinen Fall von den auch schon beschriebenen Miehaien, die gilt es tatsächlich „zu bekämpfen“, da auch gerade die einer „guten Gentrifizierung“ ohne flächendeckende Verdrängung im Wege stehen.

  24. 24
    besserwisser says:

    @johannes immink,

    Sicherlich kann man die Ausgangssituationen nicht 1:1 übertragen, da es in den östlichen Innenstadtbezirken auch den politischen Systemwechsel gab…

    aber dennoch sind Befürchtungen für Moabit nicht von der Hand zu weisen, denn die einkommensstarken Haushalte beschränken sich eben nicht länger auf den Osten…

    Die steigende Nachfrage nach schicken, sanierten (teuren) Altbauwohnungen ist doch bereits jetzt in Teilen von Kreuzberg und Neukölln zu beobachten…dabei ist es durchaus nicht ungewöhnlich das aufgewerte Quartiere ( Paul Lincke Ufer) neben „Problemkiezen“ entstehen…

    Und auch wenn es die Wende-bedingten Abschreibungsmöglichkeiten für Investoren in Moabit (noch?) nicht gibt, hält es diese sicherlich nicht ab zu investieren, wenn sich Gewinne abzeichnen, d.h. wenn in Moabit erstmal die Nachfrage vorhanden ist, wird es sich kein Investor/ Eigentümer nehmen lassen, daraus Profit zu schlagen, das liegt in seiner kapitalistischen Natur.

    Und die Veränderungen in Friedrichshain „nur“ mit der Wende erklären zu wollen, bringt leider nichts, oder wie erklären Sie sich Gentrification- Prozesse in anderen deutschen Städten, wie bspw. Hamburg?

  25. 25
    besserwisser says:

    @pgrund:

    Hab den Kommentar jetzt erst gelesen, deswegen der Nachtrag:

    Natürlich haben Sie Recht, wenn Sie schreiben, es gab und gibt ständig Veränderungen in einer Stadt und das Berlin schon mal zweigeteilt war (Bürgertum am Rand, Arbeiter in den Zentren) das stimmt…aber nun zeigt sich ja genau der Trend, dass das „Neue Bürgertum“ eben wieder zurück in die Stadt will und auch gerne bereit ist, dafür zu zahlen…
    Und ich kann Ihnen versichern, dass es auch in Friedrichshain massive Verdrängungstendenzen gibt (schreib gerad mein Diplomarbeit drüber und könnte Sie hier mit Zahlen und Statistiken eindecken)

    So gibt es Gegenden, in denen sich der Anteil der Menschen mit Hochschulabschluss innerhalb von 10 Jahren fast verdreifacht hat….nun, könnte man sagen: wo ist das Problem?
    Das Problem ist, das dadurch eben andere Menschen verdrängt werden. Menschen, wie Alleinerziehende oder normale Arbeiter die sich die Mieten nicht mehr leisten können, oder die keine Lust haben für eine Apfelschorle 3,50€ zu zahlen…oder oder oder…

    Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finds auch super das meine Wohnung eine ordentliche Heizung hat und modernisiert ist, aber ich finde es bedenklich, wenn alteingesessene Läden schließen müssen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können oder das ich fast nur noch uniforme Menschen auf der Straße sehe: keine Alten mehr, weil verdrängt. Keine Kinder mehr, weil verdrängt. Keine Alternativen mehr, weil verdrängt….soll ich weiter machen?

    Und ihre These das die Gefahr einer negativen Aufwertung in Moabit nicht gegeben ist, ist einfach definitiv FALSCH…..

    Innenstadtnähe, Altbauten, niedrige Boden- und Mietpreise-> ganz im Gegenteil, Moabit hat eigentlich alle Voraussetzungen für Gentrification….

    Und ihre Frage: wo kommen die alle her? Hm, da is meine Erklärung, das Berlin 1. einen immer höheren Anteil an einkommensstarken Haushalten hat ( sicherlich durch die Konzentration der Bundesregierung und anderer hier ansässigen Institutionen) und 2. Berlin im internationalen Vergleich einfach zu billig ist. Davon haben zwar die Berliner nix, aber alle anderen…so kommt ein frz. Student zum Studieren eben hierher, weil ihn in Paris alleine schon 1 Zimmer 500€ kosten würde, so kaufen sich manchmal hier eben eine Zweitwohnung oder investieren in Eigentum, vielleicht in Moabit?

  26. 26
    R@lf says:

    Wie wahr: „so lange es Städte gibt“. Auch die alten Römer hatten schon Mietskasernen und Bauten jeder Luxusklasse. Es ist tatsächlich kein neues Phänomen diese „Gentrifizierung“, wenn sie heute auch viel strategischer von sog. Investoren und Politikern betrieben wird. Schließlich glaubt man wissenschaftlich ergründet zu haben, wie ein Stadtteil „funktioniert“ und wie man ihn am besten umschichtet (in wessen Interesse?). Das kannten die ollen Römer noch nicht. Aber sie kannten schon die Aufstände der Plebs, wenn es diesen Vielen zu viel wurde an Lasten.

    Wo „die ganzen gut betuchten Bürger alle herkommen“ die die irgendwann ungeheuren Mieten bezahlen (30-50-70% des Einkommens), fragt mensch sich wirklich und wahrhaftig beim Betrachten von Wohnungspreisen in beispielsweise Düsseldorf, Frankfurt/Main, München und ähnlichen Hochmietburgen. Die Leute stöhnen und zahlens – noch. Übrigens oft subventioniert von Steuergeldern (Wohngeld), weil sie’s alleine nicht mehr aufbringen können – trotz Fulltimejob oder gar Mehrfachjobs. Steuergeldern, um die sich die besitzende Klasse bekanntlich mit allen legalen und illegalen Mitteln und Tricks herumdrückt und die in der Masse aus der Masse kommen.

    Für Berlin wird ein ebensolches Mietsteigerungspotential erwartet: es wird darauf spekuliert! Berlin gilt in Investorenkreisen als „ausbaufähig“ mit absehbaren Profitraten von mehrern Hundert, an manchen hot spots in die Tausende gehende Prozent. Dieser Kuchen ist schon weitgehend verteilt. Jetzt macht man sich an die übriggebliebenen Reste. Wer nicht völlig mit Blindheit geschlagen ist und nur einen Funken Ahnung von wirtschaftlichen Prozessen hat, die/der weiß das.

    Hier also die Leute die wohnen bleiben wollen, bezahlbar und vielleicht auch, weil sie ihren Kiez als ihre Heimat LIEBEN – dort die Leute, die möglichst hohe Renditen erzielen wollen und die, die den Sharholder Value der Immobilien(hatch)fonds mit neuen Immobilienspekulationen in neue schwindel(nde) Höhen treiben wollen. Und dazwischen die ganze Kaste die davon mitprofitieren will. Bis zum Platzen der nächsten Immobilienblase. Alles wie gehabt.

    Wahnvorstellungen? Wohl kaum! Business as usual.

  27. 27
    PGrund says:

    Gut, wie es scheint, wird hier von zwei verschiedenen Prozessen geschrieben. Mietsteigerungen sind nicht gleich Gentrifizierungsprozesse. Gentrifizierung ist eine grundlegende Umstrukturierung auch der Infrastruktur, der Gewerbestruktur usw. Und nein, es nicht richtig, dass das „neue Bürgertum“ (das es so rein wissenschaftlich im übrigen auch nicht gibt) zurück in die Stadt will. Sogenannte „Reurbanisierungstendenzen“ sind im Ansatz vorhanden aber das sind meist die Kinder der aufs Land oder in den Speckgürtel gezogenen „Bürger“ und diese besagten Kinder ziehen aber dann ganz in der Tradition ihrer Eltern im Schnitt nach 10 Jahren auch wieder raus aus der Stadt. Betrachtet man sich dazu noch den Anteil derer mit entsprechendem Einkommen an der Gesamtbevölkerung und die sinkenden Geburtenzahlen, ist es in der Tat äußerst fraglich ob genügend „Personal“ vorhanden wäre für einen flächendeckenden Umstrukturierungsprozess in sämtlichen besagten Gebieten. Da ich selbst Stadtsoziologe musste ich mich mit diesem Thema bereits eingehend beschäftigen.
    Ja, in Friedrichshain gibt es partielle Verdrängungstendenzen aber wie gesagt Mietsteigerungen sind nicht gleich Aufwertungsprozesse denn wenn man heute durch Friedrichshain geht wird man schnell erkennen, dass dieses Viertel von einem Pberg (zum Glück) noch weit entfernt ist.
    Und die Verdrängung von Kindern ? Waren sie in der letzen Zeit mal Im Prenzlauer Berg? Und „Alte“ hat es im Pberg übrigens noch nie viele gegeben, die prozentuelle Anzahl von Menschen über 60 lag in diesem Viertel schon immer nur bei knapp 10 Prozent.

    Verstehen sie mich nicht falsch, ich will hier keine Lanze für Mietsteigerungen brechen im Gegenteil, ich möchte nur ein wenig den Teufel von der Wand und die Hysterie aus dem Thema nehmen um eine wirklich effektive Beschäftigung mit diesem Thema zu ermöglichen.

    Und das es in München, Frankfurt usw. hohe Mieten gibt, hat auch grundsätzlich nichts mit der Situation in Berlin zu tun und auch weitgehenst nichts mit Gentrifizierung, denn wenn sie diesen Prozess richtig verstanden haben würden sie wissen, dass die Menschen dann diese hohen Mieten zahlen könnten. 😉

  28. 28
    besserwisser says:

    @gut, dann können wir ja im soziologischen Diskurs sprechen:

    Die „neuen Urbaniten“ ( von mir als „neues Bürgertum“ beschrieben) waren vielleicht in den 80er Jahren die Kinder der an den Stadtrandgezogenen Eltern…Mittlerweile betrifft das aber eben nicht länger die „Jungen“ „Alternativen“ usw. die sich mal ein bisschen in der Stadt ausprobieren wollen…sondern auch Ältere, gut situierte Paare, Singles usw. Das kann man empirisch belegen. An dieser Stelle würde mich doch sehr ihre Datenlage interessieren, welche erklärt, das die Jungen „nach 10 Jahren wieder an den Stadtrand ziehen“? Oder wer betreibt momentan Ihrer Meinung nach die aktuellen Baugruppen in der Stadt? Junge 20 Jährige? Mitnichten…

    Und ich weiß nicht wann Sie das letzte Mal in Friedrichshain spazieren waren, ich erst gestern und da begegneten mir Plakate von Bauprojekten: „Wohnen am Badeteich“ ( hier wird es neben den obligatorischen Eigentumswohnungen einen für die Bewohner exklusiven Badeteich geben, auf einer Fläche, auf der es bis vor 1 Jahr einen Nachbarschaftsgarten gab). Oder „Wohnen in einer grünen Oase“ Großzügige Loftwohnungen usw….diese Liste ließe sich (leider) noch weiter fortsetzen. Wohnhäuser die mit Video überwacht werden. Straßencafes in denen kaum noch „normale“ Menschen sitzen. Hochwertige Autos, die die Straßenkreuzungen zuparken. Massenweise Touristen die mit Bussen durch die Straßen gekarrt werden……

    Also, nein, tut mir leid. Mein Eindruck ist ein anderer. Ich lade Sie gerne mal zu einem Spaziergang oder Gespräch mit Anwohnern ein. Dann werden Sie festellen das die „Prenzlaubergisierung“ des Bezirks doch weit fortgeschritten ist.

    Ein anderer Punkt: die Kinder- das wird immer wieder ins Feld geführt. Dabei liegt es doch auf der Hand- ihr Anteil ist nicht deshalb so hoch, weil der Bezirk so kinderfreundlich oder fruchtbar ist, sondern weil hier eben (fast) nur Menschen im gebärfähigen Alter wohnen.
    Und das Argument “ der Anteil der Alten war schon immer gering“ erschließt sich mir nicht ganz: das war schon immer so und deswegen muss sich auch nichts ändern?

    Und: ich habe auch nicht davon gesprochen, das es in Frankfurt, München usw. hohe Mieten gibt, sondern in anderen Städten wie Hamburg oder Leipzig Gentrificationprozesse stattfinden. Und wie Sie selber schon erwähnt haben, meint Gentrification eben nicht nur Mietsteigerungen.
    Bezirke die bis vor wenigen Jahren noch null interessant waren oder als elende Gegend galten (St.Pauli) werden auf einmal von einkommensstarken Haushalten als hip und wohnenswert entdeckt…damit steigen die Mieten, sowohl der Wohnungen als auch des Gewerbes….nach und nach ändert sich die Sozialstruktur -> Gentrification…

    Und wenn Sie meinen ich hab den Prozess nicht verstanden, dann muss ich wohl meine Dipomarbeit nochmal überarbeiten…

  29. 29
    R@lf says:

    Ich habe als Student selbst drei Jahre in München gelebt und kenne den Prozess dort aus eigener Anschauung – auch weil ich immer mal wieder hin fahre. Dort habe ich Gentrifizierung life u.a. am eigenen Leib erfahren. Das Viertel in dem ich eine Zeit lang lebte heißt Lehel und liegt am Englischen Garten (vergleichbar mit dem Großen Tiergarten hier). Das Haus in dem ich eingemietet war, war, wie man sagte, das älteste des Viertels, die alte Postkutschenstation, und es stand unter Denkmalschutz. Eine Bürgerinitiative der konservativen Besucher der bodenständigen bayerischen Gastwirtschaft im Haus versuchte den Abriß zu verhindern – vergeblich; nur die historische Wand- und Deckenverkleidung der Wirtschaft wurde später eingelagert. Der Vermieter bekam trotz Denkmalschutz eine Abrißgenehmigung, weil er beste Beziehungen ins Rathaus hatte und tat alles um die MieterInnen aus dem Haus zu terrorisieren. Eines Tages kam er mit seinem Mercedes angefahren, ging in die unabgeschlossene Wohnung über mir und hängte die Fensterflügel aus. Er packte sie in seinen Kofferraum und fuhr damit ab – ich konnte nichts tun. Es war Winter und 15° minus. Sofort froren alle Leitungen ein und die Mieter über mir warfen das Handtuch und zogen aus. Während ich noch ausharrte und gerichtliche Schritte einleitete, ließ der Eigentümer mit dem Abriß beginnen. Vor Gericht bekam ich zwar recht, aber das Haus war nicht mehr zu retten. An seiner Stelle wurden Eigentumappartments gebaut, die das Stück für 1,5 Mio. DM verkauft wurden. Ich war darauf drei Monate wohnungslos. Der Wirt der historischen Gaststätte erlitt einen Herzinfarkt und starb. Wie ich wurden im Laufe der Jahre viele alteingesessene Bewohner des Lehels durch rücksichtslose Spekulation und enorme Mietsteigerungen vertrieben.

    Diese kleine Geschichte nur als Beispiel – ich habe sie an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Formen, aber meist im grunde ähnlich über Jahrzehnte immer wieder erlebt. Es ist ständig das gleiche Muster.

  30. 30
    PGrund says:

    Da die Suburbanisierungswelle in Deutschland erst in den 70igern ihren Höhepunkt erreicht hat, gehe ich nicht davon, dass deren Kindern in den 80igern wieder in die Stadt gezogen sind. Die Menschen die jetzt wieder in die Städte zurückziehen sind die zwischen 1975 und 1990 Geborenen. Im Osten hat dieses Phänomen logischerweise auch erst in den 90iger begonnen. Das Thema „Reurbanisierung“ ist ein generell heiß diskutiertes in Deutschland, das bisher noch nicht zu einem Konsens gekommen ist. Nur in einem ist man sich einig, ein flächendeckender Prozess ist bisher noch nicht zu erkennen. Meine Daten haben ich auch einer eigenen Studie über Leipzig im Vergleich zum Ruhrgebiet. Dort kam in Befragungen raus, dass jene die jetzt in die Stadt reinziehen zum großen Teil nicht bereit sind, auf Dauer auch dort zu bleiben, spätestens nach der Geburt der Kinder will ein Großteil wieder aufs Land ziehen. Die Baugruppen und innerstädtischen Townhouses sind bis jetzt noch eher Randphänomene und auch hier ist wieder kein genereller Trend zu beobachten. Dass sollte generell und dringend unterschieden werden, sichtbare Einzelphänomen und messbare Trends!

    Ich habe ihnen auch nicht den Unterschied zwischen Geburtenrate und Geburtenanzahl erklären wollen sondern vielmehr ihrer Behauptung der „Verdrängung“ von Kindern widersprochen. Dass es in Pberg den soviel besprochenen Geburtenboom nicht gibt, ist nun auch schon hinlänglich bekannt und wurde von Häußermann und Co. vor 10 Jahren schon thematisiert.

    Und mit Frankfurt und München habe ich nicht sie gemeint, sondern ihren Nachredner. Tut mir leid, habe ich so nicht gekennzeichnet.

    ….

    Schon mal über die Gefahr der Verödung von Moabit nachgedacht? Wie ja bekannt brauchen „Gentrifizierer“ auch die entsprechende Infrastruktur vor Ort. Moabit ist damit im Vergleich zu anderen Gebieten eher schlecht ausgestattet und die Lage könnte sich in nächster Zeit auch noch zuspitzen. In und um die Turmstr. sind viele Gewerbeleerstände zu verzeichnen, die Pleite von Woolworth und Co. hat ihr übriges getan. Sollte der Trend anhalten, dass auch große Unternehmen wie die Autohäuser und andere Unternehmen dort vor Ort in den Speckgürtel ziehen, was einige soweit ich weiß vorhaben, könnte ein teilweise desolates Bild entstehen. Gehen wir jetzt davon aus, dass die Immobilienspekulationen vor Ort Erfolg haben und die Mieten flächendeckend steigen, wird die alte Bevölkerung verdrängt und niemand zieht nach, das Ergebnis: Wohnungsleerstand. Denn warum sollen gut betuchte Bürger in ein solches Gebiet ziehen, sie haben in Berlin schließlich genug Auswahl. Mit besseren Anbindungen an den ÖPNV und besserer und länger gewachsener Infrastruktur, wie z.B. in Neukölln. Nur teuer sanierte Wohnungen reichen eben nicht. Ich sehe hier eine viel größere Gefahr, als in einer „drohenden“ Gentrifizierung.

  31. 31
    Susanne Torka says:

    Interessante Diskussion hier, möchte trotzdem mal zur Abwechslung ein ganz anderes Beispiel einbringen, aus der Zeit:
    http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2010-02/immobilienkrise-stuyvesant-town?page=1
    Der Triumph der kleinen Leute von Stuyvesant Town in New York

    und auch sehr interessant die Zusammenstellung auf indymedia aus Hamburg: die Recht-auf-Stadt-Bewegung, Teil 1
    http://de.indymedia.org/2010/02/272428.shtml
    und Teil 2: http://de.indymedia.org/2010/02/273504.shtml
    die Aktivitäten von 2009 beschreiben.

  32. 32
    Johannes Immink says:

    Susanne hat recht, eine sehr interessante und auch wichtige Diskussion wurde mit der Wem-Gehört-Moabit Initiative ausgelöst. Wo wollen wir eigentlich hin mit dem Stadtteil? Welche sozio-kulturellen Änderungen sind denn nun zu bekämpfen, welche zu fördern?

    Ich hoffe wie offensichtlich einige andere Diskussionsteilnehmer inständig, dass hier nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Gentrification (Verbürgerlichung) ist doch auch nur ein Etikett, das sich jetzt alle um die Ohren hauen.

    Ist es wirklich so, dass wir der Meinung sind, es soll nur alles so beliben wie es ist? Soll das Strassenbild, die vielen geschlossenen kleinen Läden, das Junk-Gewerbe so bleiben? Fast keine vernünftigen Restaurants, kaum Strassencafes, kein Kaufhaus, kein Wochenmarkt. Keine Möglichkeit im Bereich der oberen Birkenstrasse auch nur eine Zeitung zu kaufen? Mir gefällt das nicht. Auch wenn es „billig und zentral“ ist.

    Ich breche bestimmt keine Lanze für „Schickisierung“ a la HH und München oder Prenzelberg, aber auch hier bei uns wird sich ohne private Initiative und private Investitionen nichts ändern. Wenn sich wirklich etwas ändern soll wird sich – als statistischer Prozess über die Jahre – sicher auch ein Teil der Bevölkerung austauschen. Das kann man nicht wegdiskutieren, vielleicht kann man es kanalisieren und aus der Entwicklung in anderen Bezirken lernen.

    Übrigens: es wird endlich Frühling! „Le vent se lève, il faut tenter de vivre!“

  33. 33
    R@lf says:

    „Die Gentrifizierung (von engl. Gentry /d??ntri/: niederer Adel), teils auch Gentrifikation (von engl. Gentrification), umgangssprachlich auch „Yuppisierung“,[1] ist ein in der Stadtgeographie verwendeter Begriff, der einen sozialen Umstrukturierungsprozess eines Stadtteils beschreibt. Demnach führen der Zuzug neuer Bewohnerschaften sowie eine politisch gewünschte, gezielte Aufwertung eines Wohnumfeldes durch Restaurierungs- und Umbautätigkeiten zu einer Veränderung der Bevölkerungsstruktur.“ sagt Wikipedia zur Begriffsklärung.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gentrifizierung

    http://soziologie.suite101.de/article.cfm/gentrification_ein_verdraengungsprozess

    Wenn nach Gentrifizierung nur noch die Gentry (oder Geldadel) und sein „Gesinde“ im Stadtteil wohnt, kann mensch sich an drei Fingern ausrechnen, wo das niedere Volk verblieben ist.

    Mehr zum Thema GinB:

    http://www.stadtzukuenfte.de/Abstracts_17/Krajewski.pdf

    Ich finde Gentrifizierungsprozesse nicht zwangsläufig: es gibt positive Gegenbeispiele, wo der Kiez sich zu einer ausgewogenen Mischung ausgependelt hat (nach starker Vorarbeit engagierter ansässiger Bürger und sozialpolitisch bewußter/interessierter Zugezogener) – AltCharlottenburg zum Beispiel (Gegend gegenüber Charlottenburger Schloß bis Bismarckstraße/Kaiserdamm). Hier wurden aber auch durch soziales Sanieren Mieten gesetzlich gedeckelt. In diesem, von Alteingesessenen, die es zum Glück dort deshalb noch gibt, „Schlorrendorf“ genannten Kiez, ist sicher auch nicht alles superoptimal gelaufen. Aber von diesem damaligen (West)Berliner Sanierungsmusterbezirk könnten sich andere Kieze heute ne Scheibe abschneiden.
    Meine Wunschvorstellung wäre mehr genossenschaftliches Wohnen, das in Berlin eine große, anhaltende Tradition hat, verbunden mit einem sozialökologischen, sanften Umbau des Stadtteils. Also mit sozialem Maß, Chancen für WenigverdienerInnen und Nichtbesitzende (z.B. Mietkauf aus öffentlicher Hand) und vor allem mit Fingerspitzengefühl und ECHTER BürgerInnenbeteiligung. Bisher erleben wir vorgespiegelte „BürgerInnenbeteiligung“ ohne wirkliche umfangreiche Mitwirkungsmöglichkeiten und tatsächliche Entscheidungsrechte über den eigenen Lebensmittelpunkt.

    @ Johannes Immink
    Ich könnte nicht sagen, daß es in dieser Ecke an Zeitschrifteneinkaufsmöglichkeiten fehlt. Aber die geschlossenen Läden gefallen mir, wie wahrscheinlich allen Anderen auch, ebenfalls nicht. Warum sind sie zu? Mir sind persönlich eine ganze Reihe, teils alteingesessener, Gewerbetreibender bekannt, die ihre eigentlich gut frequentierten Geschäfte zumachen mußten, weil Vermieter utopische Mietforderungen hatten und versuchten, die Geschäftsleute wie Zitronen auszupressen. Selbst mußten sie ja keinen Finger krumm machen und nicht jeden Tag im Geschäft stehen, sondern nur die Hand aufhalten. Wer so leicht an das Geld anderer Leute kommt, kann sich nicht vorstellen, daß andere kalkulieren und dafür arbeiten müssen. Da kann ich nur sagen MIETEN RUNTER ! Dann wird es auch wieder mehr offene Geschäfte im Kiez geben. Miete muß schließlich reel erwirtschaftet werden können! Aber offenbar ist es für diese Herrschaften Eigentümer finanziell lukrativer Läden über viele Jahre LEERstehen zu lassen. Hier muß offenbar eine andere (Steuer?)Gesetzgebung her.

  34. 34
    H. E. says:

    Der Leerstand von Gewerbeflächen ist nicht nur eine Frage der Mieten sondern auch der vorhandenen Kaufkraft. Und in Moabit ist die Kaufkraft auf Grund der sozialen Struktur oder der sozialen Probleme sehr gering anzusetzen. Ein sichtbares Zeichen dafür ist der Niedergang der Turmstraße und der Markthalle.

    Hinzu kommt die endlose Zahl der Discounter in und um Moabit, die die Kaufkraft durch ihre Billigpreise abschöpfen. Nicht umsonst gab es kürzlich ein Gerichtsurteil, dass keine neuen Discounter eröffnet werden dürfen, wenn andere Geschäfte dadurch geschädigt werden.

    Im Stephankiez und in der Gegend um den Bhf. Birkenstraße werden die Probleme beginnen, wenn der Bau auf dem Peachbrot-Gelände bezogen wird. Und wenn das für das Schultheiss-Gelände geplante Einkaufszentrum eröffnet: na dann gute Nacht Alt-Moabit und Turmstraße.

    Das Problem ist, dass Politik und Gesetzgeber nicht lernfähig waren und nicht schon vor Jahren ein Instrumentarium geschaffen haben, um Einkaufszentren zu verhindern. Lt. IHK sind übrigens in Berlin z. Z. 20 (zwanzig) davon in Planung oder bereits im Bau.

    Über Schultheiss habe ich mich schon vor Jahren mit Frau Dubrau angelegt. Die Wirkung war so, als ob in China ein Sack Reis umfällt. Ein Glück, dass sie den Abgang gemacht hat. Bleibt die Frage, ob der derzeitige SPD-Baustadtrat Ephraim Gothe dem Stadtteil Moabit gut tut. Meine persönliche Meinung: nein, im Gegenteil.

  35. 35
    R@lf says:

    Gerade in der Turmstraße haben die Mieten auch die verderblichste Rolle gespielt – auch dort kannte ich Gewerbetreibende, die teils schon in Vorkriegszeiten dort waren und gehen mussten.
    Sicher ist GLEICHZEITIG zum Steigen der Mieten auch eine anhaltende Kaufkraftminderung erfolgt, die den Prozess beschleunigt hat. Das hat aber nicht nur mit Moabit zu tun, sondern ist weithin so. In meiner Geburtsstadt (100.000 EinwohnerInnen) beispielsweise steht wenigstens die Hälfte der ehemals gut frequentierten Fußgängerzone gähnend leer. Das Zusammenspiel von absurd hohen Mieten (am Rosenthaler Platz Berlin jetzt teils um die 80 € je qm / mtl.) und sinkender Kaufkraft durch Reallohn-/Realrentenschwund und rundum erhobene, immer neue Gebühren und Steuern (MWSt. etc.!) mußte im unteren und mittleren Segement der Geschäftswelt vernichtende Auswirkungen haben.
    Im oberen Segment hingegen werden die Luxusexzesse immer krasser und erinnern in der Tat an „römische Dekadenz“ und die Goldene Zwanziger Jahre der „Oberen 10.000“ – siehe Regenbogenpresse. Die guten alten Römer würden wahrscheinlich vor Neid erblassen, wenn sie die „Neocon-Dekadenz“ von heute sähen. Läßt sich solche Verschwendung (aus Ressourcenplünderung, erpresster Ausbeutung und kriminellen Machenschaften weltweit) denn noch toppen?
    Einkaufzentren verschärfen die Sachlage bekanntermaßen seit Jahrzehnten, ohne daß die Politik merklich dagegensteuert – im GEGENTEIL. Dummheit regiert. Dafür gibt es gerade hier im Kiez offenbar etliche Paradebeispiele.

    Was die Arminiushalle betrifft, ist hier ein Bündel von Gründen für den schändlichen Niedergang verantwortlich – die Kaufkraft spielt dabei m.E. nicht die zentrale Rolle. Andere Markthallen in ähnlichen „Problemkiezen“ sind offenbar besser bewirtschaftet worden und daher weiter attaktiv.

  36. 36
    Carsten says:

    Ich kann die immer wieder vorgebrachte Argumentation nicht nachvollziehen: Ein Zentrum auf dem Schultheissgelände (oder Hertiegelände) würde der Turmstraße nicht schaden sondern vielmehr nützen. Das sehen auch die meisten Gewerbetreibenden so. Es gibt schlicht fast kein Geschäft auf der Turmstraße mehr, dass ein Profil hat, das den typischen Läden in einem Einkaufszentrum entspricht. Verdrängung wird es nicht geben. Die Straße braucht den Magneten. Dabei muss man das Prinzip Einkaufszentrum nicht mögen. Nur wird es kaum eine Alternative geben. Der Niedergang der Arminiushalle liegt genauso wie der von Hertie nicht an mangelnder Kaufkraft, sondern an unternehmirischer Unfähigkeit. Kaufkraft ist genug für ein mittleres Zentrum vorhanden. Auch Menschen mit wenig Geld, kaufen Kleidung, Elektronik, Spielsachen und Schuhe. Gezwungener Maßen geht dafür ein Großteil des Haushaltsbudgets drauf. Nur geschieht das im Augenblick in starkem Maße außerhalb von Moabit. Ein Zentrum in der geplanten Größe (besser etwas kleiner und noch besser gestaltet) wäre eine Bereicherung für Moabit und würde dem Stadtentwicklungsplan Zentren von Berlin entsprechen, mit dem eben gerade Konsum-Entwicklungen außerhalb der Stadtteilzentren verhindert werden können. Besser als diese elenden Discounter und Zentren irgendwo in den Gewerbegebieten. Die verbrauchernahe Versorgung und die Sicherung bestehender kleinteiliger Versorgungzentren, wie es Gesetz und Rechtsprechung verlangen, wird durch eine Entwicklung auf dem Schultheißgelände gewährleistet.
    Ich breche hier auch mal eine Lanze für den Baustadtrat, der genau das Richtige macht und sich hartnäckig für eine gute Integration eines Zentrums einsetzt. Es gibt gute Einkaufszentren und es gibt schlechte. Vielleicht brauchen wir in Berlins insgesamt keins mehr, aber in Moabit wäre schon etwas notwendig, um überhaupt dauerhaft eine einigermaßen gute Versorgung zu sichern. Das Paech-Center kann man dagegen gut kritisieren, weil zentrumsfern und mit zu viel Parkplätzen. Aber immerhin wurde es nach langen Verhandlungen von Senat und Bezirk in seiner Größe gedrückt, so dass die negativen Auswirkungen auf die Turmstraße begrenzt sein werden. Auf die Umgebung der Birkenstraße wird es ohnehin keine negativen Auswirkungen haben: Welcher Laden sollte da den konkret verdrängt werden?

  37. 37
    Hans Richter says:

    Das Politik und Gesetzgeber nix dazu lernen, ist ja kein Geheimnis. Umso wichtiger ist, das die Bevölkerung Läden meidet, die ihre Mitarbeiter ausbeuten. Mir kam zufällig eine Mitgliederzeitung von Verdi in die Hand. Da war zu lesen, das die Mitarbeiter von Netto für 5 Euro arbeiten müssen und so nebenbei noch unbezahlte Überstunden abreißen. Bei H&M gibt es wohl zwar so um die 10 Euro, aber ne wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden. Wer soll davon Leben können? Bei Aldi soll es auch unbezahlte Überstunden geben. Über KiK und Tedi muss man wohl nicht reden. Mithin ist jeder, der dort einkauft, genauso ein Ausbeuter wie die Arbeitgeber. Da muss ein Umdenken beim Verbraucher statt finden. Solange dem nicht so ist, wird es einen weiteren Niedergang, auch in Moabit, geben.

  38. 38
    R@lf says:

    @ Hans Richter

    Es gibt zwei Nettos: die Dänen und Edeka (Nr.3 auf dem deutschen Discount-Markt). Bei H&M meinst du sicher 10 Stunden am TAG.

    Die Abwärtsspirale geht weiter… bei PLUS wurde meines Wissens noch plus ca. 7€ brutto bezahlt (=12-13€ brutto – kann das jefrau verifizieren?). Kassiererinnen die nach der netto/plus-Fusion weiterbeschäftigt werden wollten, soll nahegelegt worden sein, die dementsprechende Lohnminderung zu unterzeichnen. KAISERS-TENGELMANN (PLUS) ist immer noch Minderheitsteilhaber (glaube mit 15%), der Rest ist EDEKA. Beide Konzerne haben sich auf eine strategische Einkaufsgemeinschaft verständigt: dann können z.B. die Milchpreise noch besser gedrückt werden.

    Und bei welcher Schweinebande gehst Du einkaufen, lieber Hans Richter? Oder gehst du auch schon containern? Da nicht nur die Supermärkte miese Löhne zahlen, sind die einkaufenden „AusbeuterInnen“ oft nicht viel besser dran als ihre KollegInnen jenseits der Registrierkasse. Von HartzIV ganz zu schweigen.

    Hier noch ein frisch gefundenes Schmankerl für Gentrifizierungsfans:
    http://www.esregnetkaviar.de/relaunch/videoabwertungskit.html
    Enjoy! 🙂

  39. 39
    R@lf says:

    In Hamburg sindse offenbar schon weiter als wir hier:

    http://www.no-bnq.org/2009/11/26/guten-morgen-hamburg/

  40. 40
    R@lf says:

    Sorry an den genervten admin – hier gibts das Ganze nochmal als Broschüre. Echt toll!

    http://www.no-bnq.org/wp-content/uploads/2009/11/GutMoHH-09-11-25.pdf

    Aber vielleicht machen wir ja noch was viel Tolleres?!
    St. Pauli & Moabeach: 1 Strand!

  41. 41
    Hans Richter says:

    Mein Lieber R@lf,
    ich tu meistens bei kaisers einkaufen. Scheint die sauberste Lösung zu sein, wenn man in der Lehrter wohnt.
    Nein Ralf, ich meinte in der Tat 10 Sunden in der Woche. Aber die kann man auch an einem Tag abreißen.

  42. 42
    H. E. says:

    @ Carsten:

    Die Frage ist, ob du Läden mit einem vernünftigen Angebot habern willst oder Billigheimer oder sogar Leerstand. Abhängig sind alle Läden an der Turmstraße und Umgebung von der Kaufkraft. Wenn ein Einkaufszentrum gebaut wird, zieht dieses überall Kaufkraft ab.

    Entweder flüchten die Inhaber mit ihren Läden schon zur Eröffnung in das Einkaufszentrum oder sie können zusehen, wie bei ihnen die Kaufkraft abgezogen wird. Beste Beispiele sind die Badstraße (Gesundbrunnencenter) und die Spandauer Altstadt (Spandauer Arkaden). Die sind heute nur noch ein Schatten von dem, was sie mal waren.

    Anders ist es mit einem Einkaufszentrum wie dem „Alexa“. Das liegt an der am dichtesten befahrenen S-Bahn-Strecke Berlins, so dass dort Leute aus Potsdam, Strausberg und von sonstwo einkaufen, die bringen sozusagen zusätzliche Kaufkraft in die Stadt. Ob das wiederum für Potsdam und Strausberg gut ist, ist eine andere Frage.

  43. 43
    Hans Richter says:

    sehr interessant der letzte Link von R@lf.

  44. 44
    Carsten says:

    H.E: @ Wie gesagt: Es gibt gute und es gibt schlechte Einkaufszentren. Da muss man sich um Differenzierungen bemühen: Spandau ist z.B. schlecht, da zu groß und schlecht in die Altstadt integriert, das gilt für einen großen Teil der Zentren erster Generation. Wilmersdorfer Arcaden sind z.B. anders zu bewerten, teils auch die in der Schloßstraße. Es gibt massenhaft Literatur und Untersuchungen darüber, wann Einkaufszentren positiv und wann negativ in Einkaufsstraßen wirken. Deine Behauptungen lassen sich schlecht belegen. Welcher mittelständische Ladeninhaber sollte denn von der Turmstraße in ein Einkaufzentrum flüchten? Und: Nein, die Probleme der Turmstraße hängen eben nicht vorrangig mit Kaufkraft zusammen. Die ist durchaus ausreichend vorhanden. Nochmal: Ein Einkaufszentrum (von mir aus auch ein Kaufhaus oder Einzelläden, nur baut die keiner) kann keine Kaufkraft aus der Turmstraße abziehen, da dort fast keine Läden vorhanden sind, die dem Segment eines Zentrum entsprechen! Den Dönerläden und Gemüsegeschäften und Banken und Billigläden ist es egal ob es am U-Bahnhof ein Elektronik-, Schuh- und Mittelklassetextilgeschäft gibt! Im Gegenteil, sie profitieren von der höheren Frequenz. Die Kaufkraft für dieses Segment geht vielleicht irgendwelchen schlecht integrierten Zentren in anderen Vierteln verloren, was nicht zu bedauern ist.

  45. 45
    Susanne Torka says:

    Abriss von günstigen Wohnungen für Luxusbauten in Schöneberg, Berliner Zeitung:
    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/157267/157268.php

  46. 46
    Rané says:

    Wenn man sich da nicht verkalkuliert hat. So viele „Gutverdienende“ wird es auch in Berlin nicht geben. Wir haben ja eher die kreativ-schuftende 1.000,- € Generation. Oder flüchten Schweizer Banker nach Berlin ? *g* !

  47. 47
    Mona says:

    Kreativ schuftend. Der war gut.

    Wenn ich auf die Idee kaeme meine Kreativitaet zu Geld zu machen, waere ich angenehm ueberrascht, wenn mir jemand dafuer 1000 Euro geben wuerde. Ich denke, eine Grossteil der kreativen Erguesse sind eben auch nicht mehr wert auch wenn sich der Kreative noch so verkannt fuehlt. Wenn’s halt nicht zum Kunststar reicht, muss man sich halt in den verachteten Niederungen der Nicht-Kreativen verdingen und seine Kreativitaet im Privaten ausleben.

  48. 48
    Rané says:

    Kreativität ist die Triebfeder der Innovation in allen Bereichen der Gesellschaft. Da ist der Verkauf von Kunstwerken nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen. Und gerade für die, welche im Bereich der einfachen und eintönigen Arbeitsbereiche arbeiten, ist der kreative Ausgleich im Privaten sinnvoll im Sinne von Gewalt- und Suchtprävention.

  49. 49
    Hans Richter says:

    Liebster Rané,
    nicht nur Kreativität, sondern auch Entspannung braucht der Mensch, um Innovationen voran zu treiben.. Und da Schreihals Westerwelle wohl gerade unter Hochspannung steht, sollte man ihm vielleicht sammeln und ihm etwas zum Entspannen schenken. Denke da an Fallschirmspringen – aber nicht Tandem 😀

  50. 50
    Hans Richter says:

    für ihn sammeln