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Interview mit Karl Bösel, Präventionsbeauftragter der Berliner Polizei (Abschnitt 33). Ein Besuch auf der Wache in der Perleberger Straße 61a

moabit21: Herr Bösel, mögen Sie Krimis?
Karl Bösel: Nein. Im Fernsehen sind die meisten Krimis leider unglaubwürdig.

Zum Beispiel?
Eine Verhörsituation: Der Beamte befragt einen Verdächtigen, versucht ihn einzuschüchtern und fuchtelt dabei mit seiner Waffe herum. Dreimal dürfen Sie raten, was passiert.

Der Verdächtige überwältigt den Beamten, schnappt die Waffe und flieht?
(lacht): Genau! An der Stelle steige ich aus. Ich habe in meinem Beruf 500 Tricks gelernt, damit solche Situationen verhindert werden. Wenn ich so was sehe, denke ich nur noch: Du Anfänger, was soll der Mist!

Können Sie Ihre Arbeit als Präventionsbeauftragter kurz beschreiben?
Es geht darum, die Effizienz meiner Behörde zu steigern. Die Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt, Schulen und Öffentlichkeit soll gestärkt und unterstützt werden. Seit 10 Jahren gibt es in jedem Berliner Polizeiabschnitt einen Präventionsbeauftragten, das sind 2–6 pro Bezirk, 37 für Berlin insgesamt. Die Idee kam aus Frankreich, wo die harten Fronten zwischen Jugendlichen und Polizei die Behörden zum Umdenken zwangen. Die Effizienzsteigerung kann gelingen, aber das geht nur mit Vertrauen, nicht mit der „Axt im Walde“. Die Hälfte meiner Arbeitszeit verbringe ich mit Besuchen in Schulklassen und Kitas oder ich stelle mich bei öffentlichen Veranstaltungen als Gesprächspartner bereit. Die andere Hälfte meiner Zeit verbringe ich mit der Bearbeitung von Anfragen, welche die Wache an mich weiterleitet.

Warum hat man Sie für diese Aufgabe ausgewählt?
Vorher habe ich bei der Jugendermittlung gearbeitet. Den Job habe ich wohl ganz gut gemacht. Die Vernetzung ist wichtig und das Bestreben, neue Wege zu gehen.

Wie wichtig ist die Sprache bei Ihrer Arbeit?
Sehr wichtig! 99% aller Einsätze kriegen wir mit Sprache hin. Aus diesem Grund spielen Fremdsprachenkurse in der Berliner Polizei mittlerweile eine wichtige Rolle.

Mögen Sie Moabit, Herr Bösel?
Ich finde es auf jeden Fall interessant, hier zu arbeiten. Es gibt schon viel zu tun, wir sind nun mal mitten in der Großstadt. Die meisten Leute, die hier leben, sind ziemlich spannend.

Sie haben selber lange in Moabit gewohnt. Warum sind Sie weggezogen?
Ich habe eine Familie gegründet. Deshalb bin ich an den Stadtrand gezogen. Ich selber kann mit Drohungen umgehen. Aber meine Kinder müssen nicht darunter leiden, dass ich jemanden festnehme.

Mögen Sie Ihren Job?
Er ist grundsätzlich schon in Ordnung, ich kann meine Familie ernähren. Aber einem Freund würde ich diese Arbeit nicht empfehlen. Berlin zahlt seine Beamten leider sehr schlecht und hat zudem lange Zeit keine neuen Polizisten eingestellt. Das fällt jetzt auf uns zurück. Wir haben eine verantwortungsvolle Aufgabe, die viel Erfahrung verlangt. Es ist schon in Ordnung, sich diesen Herausforderungen zu stellen, aber der Job sollte zumindest ordentlich  nach Tarif bezahlt werden.

Wieviel Überstunden haben Sie Herr Bösel?
268 Überstunden im Moment. Damit stehe ich noch ganz gut da. Viele meiner Kollegen haben wesentlich mehr.

Was wünschen Sie Moabit?
Dass operative Entscheidungen bei den Praktikern landen. Moabit würde es gut tun, wenn der Mensch, der entscheidet, näher dran ist an dem, was auf der Straße oder in der Schule passiert.  

Wir danken für das Gespräch! Die Fragen stellte Nathalie Dimmer.

Zuerst erschienen in der Bürgerzeitung für das QM Moabit-Ost, moabit°21, Ausgabe 3, Sommer 2017

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