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Don’t Cry. Work.

Der Titel der Ende November eröffneten Ausstellung von Pfelder und Simone Zaugg in der Galerie Nord trifft den Nerv der Zeit. Die beiden Künstler rücken in ihrer Installation in einer Krisenzeit einer kapital-orientierten Welt, die auf fiktiven Werten aufbaut, das handfeste Potential der Arbeit ins Zentrum ihrer Untersuchungen und Projekte, dies steht aber nicht im Vordergrund der Ausstellung.

Die Künstler schaffen mit ihrer eigenen Arbeit/Arbeitsform dreidimensionale Bilder und Situationen, die das Thema »Arbeit« bzw. die Tätigkeit »arbeiten« aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, hinterfragen und inszenieren.

In drei Rauminstallationen fordern sie die BesucherInnen dazu auf, sich in die konstruktiven Strategien des Arbeitens und der Rezeption von Arbeit hinein zu begeben.

Simone Zaugg nimmt in ihrer Soundinstallation »Work Station« das akustische Moment des Satzes DON’T CRY. WORK. ernst und widmet ihre Arbeit dem Arbeitslied. Dieses drückt in seiner sublimierten Form als Gesang die verschiedenen Facetten von Arbeit aus. Im Spannungsfeld zwischen Aggression, Verzweiflung und Freude deckt das Arbeitslied alle Stimmungsnuancen von Arbeit ab. Gleichermaßen kann es aber auch eine Form der Befriedi­gung/Befreiung oder Ausdruck einer politischen Haltung sein. Neben den visuell nicht fassbaren Seiten der Arbeit thematisiert die Installation auch die künstlerische Arbeit von Simone Zaugg selbst. Diese besteht vornehmlich darin, die Lieder zu erlernen, zu performen und in die Ohren der »BetrachterInnen« zu singen. Ganz im Sinne des Satzes von Haruki Murakami: »Merk dir gut: Was andere Leute dir beibringen, bleibt bei ihnen – wirklich verinnerlichen kannst du nur, was du selbst gelernt hast.«

In der gemeinsam erarbeiteten und raumgreifenden Installation »DON’T CRY. WORK.« verlegen Pfelder und Simone Zaugg während des gesamten Ausstellungszeitraums auf einer Fläche von 120,5 m2 im mittleren Raum des Kunst­vereins einen doppelten Boden. Ein Wagen mit dem nöti­gen Werkzeug und das Material zum Bauen stehen im Raum bereit, so dass jederzeit weitergearbeitet werden kann. Der Prozess des Bauens/Aufbauens, der sowohl ein zentraler Aspekt der künstlerischen Arbeit wie auch der Arbeit von Handwerkern und Heimwerkern ist, wird in dieser Installation sichtbar und erlebbar gemacht. Überdies stellt sich den Betrachtenden die Frage: Wozu braucht es einen zweiten Boden? Wo liegen Sinn und Unsinn dieser Arbeit? Wie definiert sich die künstlerische Arbeit? Braucht der Künstler als Artist in unserer Welt ein Netz und einen doppelten Boden?

Den dritten Ausstellungsraum bestimmt die Rauminstallation »Bitte hinterlassen Sie diesen Ort so, wie Sie ihn vorzufinden wünschen« von Pfelder. Seine künstlerische Haltung und Arbeit zielt darauf ab, bestimmte Räume oder Orte einer adäquaten Neu-, Um- oder überhaupt einer Nutzung zuzuführen, sie neu zu definieren. »Wir müssen uns zeitigen und räumlichen«, ein Zitat aus Franz Xaver Baiers philosophischem Diskurs »Der Raum«, in dem der gelebte Raum auf konkrete Lebensweisen bezogen und als Medium eines Zustandes propagiert wird, könnte als Basislinie für Pfelders künstlerische Arbeit gelten. Dies führt er in der Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten in extremer und radikal weiter gedachter Form aus. Der Galerieraum wird in einen neuen Ort mit einem ebenso neuen Potential transformiert. Pfelder definiert ihn mit minimalsten Eingriffen und öffnet ihn so gleichzeitig für alles nur Erdenkliche. Denn die Aufforderung, den Raum so zu hinterlassen, wie der Besucher ihn vorzufinden wünscht, ist ernst gemeint.

Die Ausstellung von Pfelder und Simone Zaugg in der Galerie Nord, Turmstraße 75 ist noch bis zum Samstag, 17. Januar 2009 geöffnet, eine Finissage mit Arbeitsessen beendet am 17.01.2009, 18 Uhr die Ausstellung. Geöffnet ist Dienstag bis Samstag, 14 bis 19 Uhr, Führungen nach telefonischer Vereinbarung.
Vom 24.12.2008 bis 05.01.2009 bleibt die Galerie Nord geschlossen.

2 Kommentare auf "Don’t Cry. Work."

  1. 1

    Lieber Jürgen,
    sehr guter Artikel, da er verdeutlicht, dass hinter Kunst immer ein Konzept steckt, sonst wäre es ja Kunsthandwerk. Über die Konzepte lässt sich dann natürlich streiten, aber dieses Konzept hat mich sehr inspiriert, habe da so meine eigenen Ideen, was den „doppelten Boden“ betrifft *g*.
    Bei den Arbeitsliedern sind mir noch „Bau auf, deutsche Jugend, bau auf“ und die „Holzhackernbuan“ oje, vermutlich falsch geschrieben, eingefallen, aber bei letzterem hätte Simone Zaugg minimalistisch jodeln müssen *lieblächel*.
    Liebe Grüsse
    Rané

  2. 2
    Stephan says:

    Nur ein kleiner Hinweis wegen der Urheberschaft, – dieser Artikeltext ist fast wortgetreu der Text vom Flyer der Ausstellung. Ich gehe mal davon aus, daß er nicht von Jürger Schwenzel verfaßt wurde, oder Jürgen?

    http://www.kunstverein-tiergarten.de/?cat=ausstellung&id=74

    Der Dritte Raum, der vom Besucher verlangt oder ermuntert ihn so zu hinterlassen wie man ihn vorzufinden wünscht, nachdem man durch eine Doppelloch einer Rigiswand gekrochen ist, schafft Spielraum, .. im ergebnislosen Nachdenken darüber, wie ich ihn vorzufinden wünsche, zumindest was den materiallistischen Impact meines Besuches betrifft, wurde ich ein Teil des Werkes und das Werk ein Teil von mir. Genau das aber erwarte ich vorzufinden, nicht nur in der Kunst.

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