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Kampfmittelräumung am Spreeufer beginnt

Bild: Straßen- und Grünflächenamt

Kurz vor Ostern kündigte das Bezirksamt Mitte auf seiner Informationsseite zum Ausbau des Spreeuferradweges den Start der Kampfmittelräumung für den 3. April an. Voraussichtlich bis zum 27. April – möglicherweise entsprechend der gemachten Funde auch länger – werden die Arbeiten durch die Firma Heinrich Hirdes andauern. Dafür muss der Ufer­weg zeitweilig gesperrt werden. Welche Maßnahmen in diesem Zeitraum geplant sind, ist im Artikel über die Kampf­mittel­räum­arbeiten genau aufge­lis­tet. Eine Telefonnummer für Fragen von Anwohnern ist dort angegeben.

Nach Informationen von Andreas Szagun, Geschichtswerkstatt Tiergarten, haben gerade in diesem Bereich heftige Kämpfe in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs stattgefunden – neben dem Kampf um das Regierungsviertel. Im Artikel „Schlacht um Berlin“ bei Wikipedia wird die nahe gelegene Englische Straße explizit erwähnt.

2 der gefällten Weiden, Bild: Andreas Szagun

Am 9. Januar waren Anwohner der Flotowstraße und des Schleswiger Ufer durch die Fällung von sechs großen Bäumen am Ufer aufgeschreckt worden. Zwölf von ihnen schlossen sich spontan zusammen, um herauszufinden, was da denn geplant sei. Schnell wurde die Webseite „Rettet das Spreeufer“ gestaltet und eine Petition gestartet. Mit einem Vorher-Nachher-Bild wird die Situation an der Ecke Flotowstraße deutlich unterstrichen.

Diese Baumfällungen waren zwar, wie alle Baumfällungen im Bezirk, mit einer Pressemitteilung angekündigt worden, doch welcher Bewohner liest schon Pressemitteilungen. Kritikpunkte der Bürgerinitiative waren und sind in der Hauptsache die Baumfällungen, die Asphaltierung des Uferweges, die gemeinsame Führung einer übergeordneten Fahrradroute auf einem Wanderweg der „20 grünen Hauptwege“ und die fehlende Bürgerbeteiligung.

Über den Protest wurde breit berichtet (Tagesspiegel Leute, TAZ, Berliner Woche, Abendschau am 24.2.), zumal in dieser Zeit sich auch andernorts in Berlin Protest gegen Baumfällungen für Radwege regte.

Bild: Straßen- und Grünflächenamt, Kastanie, Foto Nr. 5

Der Aussage, dass die Baumfällungen für die Kampfmittelräumung zwingend notwendig gewesen seien, glaubten die meisten nicht. Zusätzlich lösten gelbe Markierungen an verschiedenen Bäumen entlang des Weges Irritationen aus, wobei der lockere Spruch der zuständigen Bezirksstadträtin Sabine Weißler, „dass diese wohl irgendein Witzbold angebracht habe„, nicht für mehr Vertrauen sorgte, im Gegenteil.

Mittlerweile erklärt das Bezirksamt die Markierungen auf seiner Webseite detailliert mit 25 Fotos. Es wurden Bäume markiert, die aus verschiedenen Gründen untersucht werden müssen. Zwar sind zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Baumfällungen geplant, je nach Ergebnis der Untersuchungen kann sich das aber noch ändern.

Am 12. März fand eine sehr gut besuchte Informationsveranstaltung im BVV-Saal des Rathaus Tiergarten statt, über die sowohl die Tagespresse (Tagesspiegel Leute, Berliner Woche) als auch die Bügerinitiative „Rettet das Spreeufer“ berichtete. Allerdings waren nicht alle der ca. 140 Veranstaltungsbesucher zum Protestieren gekommen, einige wollten sich lediglich informieren. Ein einziger Anwohner traute sich die Asphaltierung des Weges zu begrüßen, da seine Kinder regelmäßig schlammbespritzt vom Schulweg nach Hause kommen.

Kurz lassen sich die geplanten Baumaßnahmen wie folgt charakterisieren: der Uferweg, der zur Zeit 2,5 – 4 m breit ist, soll auf 4 m verbreitert werden. In der Mitte 3 m Asphaltstreifen mit Mosaikpflaster an den Seiten, was schonender für die Baumwurzeln ist. Die Asphaltierung dient nicht alleine den Radfahrern, sondern bringt auch für Rollifahrer und Gehbehinderte mit Rollatoren eine Erleichterung. Sitzplätze werden erneuert, es werden Bäume und Büsche nachgepflanzt. Alle Einzelheiten sind noch nicht völlig geklärt, z.B. muss das Gutachten zur Uferwand noch abschließend ausgewertet werden. Auf dem Schleswiger Ufer soll ein Radfahrstreifen asphaltiert werden. Zusätzlich wird noch eine Gefährdungsanalyse durchgeführt um Konflikte zwischen Radfahreren und Fußgängern, insbesondere im Bereich der Schule zu vermeiden. Planung und Ausschreibung ist für 2018 vorgesehen, Bauzeit etwa 18 Monate ab 2019.

Offene Fragen aus der Informationsveranstaltung sowie später eingegangene Fragen werden auf der Seite des Bezirksamts nach und nach beantwortet.

Zum Schluss auch noch mal der Link zu den Forderungen der Bürgerinitiative „Rettet das Spreeufer„.

Der Bezirk folgte dem Wunsch von BürgerInnen Lagepläne zu den Baumaßnahmen des Spreeradwegs zwischen Lutherbrücke und Bezirksgrenze Charlottenburg-Wilmersdorf bereitzustellen. Es handelt sich insgesamt um 10 Teilpläne, die von hier heruntergeladen werden können.

12 Kommentare auf "Kampfmittelräumung am Spreeufer beginnt"

  1. 1
    Andreas Szagun says:

    Zu den im Artikel erwähnten Kämpfen ist noch nachzutragen:

    Heftige Kämpfe sind aus verschiedenen Zeitzeugenaussagen überliefert für
    – die Umgebung der Franklinstraße, dort wäre eine sowjetische Panzereinheit fast von deutschen Truppen eingeschlossen und vernichtet worden
    – die damalige Technische Hochschule (heute TU Berlin), in der sich Wehrmachts- und SS-Einheiten verschanzt hatten und deren Straßenfassade zur heutigen Straße des 17. Juni dabei völlig in Trümmer geschossen worden war. Diese Einheiten hatten erst mit der Gesamtkapitulation Berlins (2. Mai 1945) die Waffen gestreckt
    – den schon erwähnten Bereich rund um die Englische Straße, das Charlottenburger Tor und das heutige Ernst-Reuter-Haus; letztere sind im Bereich ihrer Westfassaden schwerst beschädigt worden, auf unmittelbar nach den Kampfhandlungen entstandenen Bildern sind mehrere zerstörte sowjetische Panzer zu sehen
    – den S-Bahnhof Tiergarten, in dessen Kellern und den S-Bahnbögen sich Waffen-SS verschanzt hatte.

    Es ist also durchaus möglich, daß es auch im Bereich des Schleswiger Ufers Kämpfe gegeben hatte, zumal das gegenüberliegende Hansaufer bzw. der Stadtteil Moabit schon kurz vorher in sowjetischer Hand war (die Achenbachbrücke (heute Wullenwebersteg), die Hansabrücke und der Borsigsteg waren gesprengt und lagen im Wasser). Für eine befestigte Stellung könnte auch das von der Munitionsbergungsfirma genannte „militärische Gebäude“ sprechen. Die im Charlottenburger Raum in Richtung Stadtzentrum kämpfende sowjetische 2. Garde-Panzerarmee hatte stellenweise bis zu 90%(!) Verluste erlitten, so daß aus der weit nördlich von Berlin kämpfenden 1. Polnischen Armee deren 1. Polnische Infanteriedivision „Tadeusz Kosciuszko“ herausgelöst und eilends nach Berlin geschickt und in Charlottenburg und Tiergarten eingesetzt worden war. Deren Angehörige waren als erfahrene Häuser- und Straßenkämpfer bekannt, die in den vielen Ruinen erfolgreicher als die Sowjets gekämpft hatten. Flapsig von „ein paar Volksturmleuten, die noch das Reich verteidigen wollten“ zu sprechen, wie auf der Veranstaltung geschehen, ist also pure Verharmlosung! Volkssturmeinsätze sind dagegen von der Wilmersdorfer Straße überliefert, sie waren logischerweise wenig erfolgreich.

    Die Heftigkeit der Kämpfe erklärt sich unter anderem damit, daß im Berliner Raum „Großdeutschland“ Ende April/Anfang Mai 1945 auf einen schmalen Streifen von der Reichskanzlei über die heutige Straße des 17. Juni, die Bismarckstraße und den Kaiserdamm geschrumpft war, schon direkt vor dem Zoo und am Ku´Damm standen von Süden herangeführte sowjetische Truppen, Moabit war besetzt und um den Reichstag wurde heftig gekämpft. In diesem Bereich befanden sich auch die von den Kämpfen an der Oder zurückgedrängten und räumlich zusammengedrückten Einheiten von Wehrmacht und Waffen-SS (sofern sie weder in den Kessel von Halbe abgedrängt oder noch bewußt nördlich an Berlin vorbeigeführt worden sind), manche Truppenteile versuchten noch, in Richtung Westen, zur „Armee Wenck“ oder gleich „zum Engländer“ oder „zum Ami“ durchzubrechen. Letzteres gelangt nur vereinzelt, denn ab dem 25. April 1945 war der Belagerungsring um Berlin mehr oder weniger dicht geschlossen. Die Einheiten der Waffen-SS, darunter französische und skandinavische Freiwillige, kämpften dabei auch mit dem Mut der Verzweifelung, denn angesichts ihrer Kriegsverbrechen in der Sowjetunion hatten sie nichts Gutes in sowjetischer Gefangenschaft zu erwarten.

    Gerade die nach dem Attentat vom 20 Juli 1944 von Hitler bevorzugte Waffen-SS besaß zum Teil relativ hohe Munitionsbestände im Gegensatz zum äußerst mangelhaft ausgerüsteten Volkssturm. Wenn solche örtlichen „Munitionslager“ im Gefecht von sowjetischen Truppen überrannt worden sind, sind die Munitionsvorräte an Ort und Stelle verblieben und einfach in die nächsten Bombentrichter oder auch in Gewässer verbracht worden. Da nach polnischen Berichten wohl aus dem Hinterland der Englischen Straße die sowjetischen Panzer auf der Charlottenburger Brücke abgeschossen worden waren, ist fraglich, ob bei den Munitionsbergungen „nur“ ein paar verrostete Panzerfäuste und Kleinkalibermunition oder vielleicht gewisse Vorräte an panzerbrechenden Grananten zutage gefördert werden. Gefährlich sind sie alle, je stärker die Korrosion voranschreitet.

    Kleine Literaturauswahl:
    – Le Tissier, Tony: Der Kampf um Berlin 1945 (Gesamtdarstellung)
    – von zur Mühlen, Bengt (Hrsg.) Der Todeskampf der Reichshauptstadt (Gesamtdarstellung)
    – Komornicki, Stanislaw: Polnische Soldaten stürmten Berlin (polnische Berichte)
    – Kmiecik, Edward: Berliner Victoria (polnische Berichte)
    – Venghaus, Wolfgang: Berlin 1945 (deutsche Berichte, vielfach SS-Angehörige)

  2. 2
    Zeitungsleser says:

    Die B.I. Silberahorn ist der Meinung, dass die „schnell fahrenden Radler“ doch immer mal wieder die Uferseite wechseln sollten, Zick-Zack also, wie in der Berliner Woche zu lesen:
    http://www.berliner-woche.de/moabit/bauen/auf-die-details-kommt-es-an-diskussion-um-den-spreeradweg-d147831.html

  3. 3
    Jürgen says:

    Das Bezirksamt informiert auf seiner Website über den aktuellen Sachstand der Kampfmittelräumung. Demnach wurden bisher zwei Stabbrandbomben und Reste einer 30 Pfund Brandbombe gefunden und beseitigt. Auch bauliche Anlagen in einem bisher nicht bekannten Ausmaß sind im bisher untersuchten Bereich gefunden worden, während die Untersuchung einer mutmaßlichen Panzersperre ohne Befund blieb.
    Mehr Informationen (Stand 26.4.2018) auf der Infoseite des Bezirksamts unter: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/planung-entwurf-neubau/artikel.696417.php

  4. 4
    Zeitungsleser says:

    Was in dem Link des Bezirksamts auch schon drinstand, hat die Berliner Woche aufgegriffen: das Ende der Kampfmittelräumung verschiebt sich um 2 Wochen
    http://www.berliner-woche.de/moabit/bauen/kampfmittelraeumung-vor-baubeginn-des-spreeradweges-dauert-laenger-d159788.html

  5. 5
    Netzgucker says:

    Pressemitteilungen über Baumpflege und Baumfällungen am Schleswiger Ufer:
    https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.782006.php

  6. 6
    Flaneur says:

    Lange gab es keine neuen Informationen zum Bau des Spreeradweges. Am 1. Februar 2022 informierte Bezirksstadträtin Dr. Almut Neumann, dass im Februar mit der Herstellung des Spreeradweges im Bezirk Mitte im Abschnitt Paulstraße / Lutherbrücke bis zur Bezirksgrenze Charlottenburg-Wilmersdorf begonnen wird. Insgesamt werden die Baumaßnahmen ca. zwei Jahre dauern.
    In den ersten beiden Bauabschnitten erneuert das Bezirksamt Mitte den Abschnitt am Bellevue-Ufer und den Abschnitt zwischen Flotowstraße und Lessingbrücke bis Herbst 2022. Während der Bauzeit sind die Abschnitte für den Fuß- und Radverkehr gesperrt.
    Pressemitteilung vom 01.02.2022 zum Baubeginn

  7. 7
    Zeitungsleser says:

    Nach der Meldung zum Baubeginn, die Kritik der B.I. und von Fuss e.V. – anscheinend sind jetzt noch Änderungen möglich?
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/fussgaenger-gegen-radfahrer-ein-geplanter-spreeradweg-in-berlin-moabit-sorgt-fuer-kritik/28061750.html

  8. 8
    H. E. says:

    Ein viel begangener Uferwanderweg entlang der Spree als Hauptverkehrsstraße und Autobahn für Radfahrer ?
    Geht’s denn noch ?
    Und das angesichts von täglich hundertfachen Rücksichtslosigkeiten und Regelverstößen von Radfahrenden auf Gehwegen überall in Berlin !!
    Wozu haben wir Unter den Linden, die Straße des 17. Juni, die Otto-Suhr-Allee, den Spandauer Damm ?
    Haben das mal wieder Grüne am Küchentisch beschlossen?
    (Vorsichtshalber möchte ich erwähnen: Ich fahre selbst Rad.)

  9. 9
    Nachbar says:

    Radwanderweg oder Radschnellweg? Was jetzt? Berechtigte Kritik oder NIMBY?
    https://www.spreeradweg.de/

  10. 10
  11. 11
    Zeitungsleser says:

    Die Presse hat auch berichtet:
    https://taz.de/Konflikt-um-Spreeradweg/!5831566
    Der Tagesspiegel hat 2 Artikel hinter der Bezahlschranke vom 15.2. und 16.2.

  12. 12
    TV-Gucker says:

    Auch der rbb hat heute berichtet und dabei die verschiedenen Argumente gut nebeneinander gestellt – wird wohl heute in der Abendschau ausgestrahlt:
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/02/streit-spreeradweg-berlin-moabit.html

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