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Der kleine Blockwart

Als ich vor zwei Jahren in das 50er-Jahre-Haus hier in Moabit zog, hatte ich einen guten Eindruck: Sogenannte „ordentliche“ Leute lebten hier, das Haus war sauber, aber ohne Verbotszettel. Ein paar Kinder und Jugendliche, Arbeitende, Arbeitslose, zwei Studenten, zwei alte Leute, eine gute Mischung. Die meisten Mieter duzten mich von Anfang an, das fand ich sehr angenehm.
Erst im Laufe der Zeit merkte ich, dass es auch dunkle Flecken gab. Einer der Mieter ist nicht nur von Beruf Polizist, sondern sieht seinen Beruf offenbar auch als Berufung. Er fiel mir das erste Mal auf, als ich meinen Papiermüll in die Tonne brachte. Es war sehr viel und als ich das zweite Mal runter kam, stand er über die Tonne gebeugt und hatte einige meiner Zeitungen in der Hand. Er sah mich und stotterte was von „richtig zusammendrücken“. Ich war selber so überrascht, dass ich gar nicht reagieren konnte.
Ich sprach mit meiner alten Nachbarin darüber und sie sagte mir, dass der Mann sich sogar schon mal ihre Post vom Briefträger hat geben lassen, offenbar kontrollierte er auch die Absender. Sie hat dem Postboten dann untersagt, ihm ihre Briefe zu geben.
Es gibt auch einen kleinen Garten, ordentlich mit Zaun davor und einem Schild, dass man keine Fahrräder anschließen darf. Der Grund ist nicht ersichtlich, denn der Zaun ist recht massiv und auch nicht lackiert. Als ich mein Fahrrad einmal trotzdem dort angeschlossen habe, kam ich nicht mal bis zu meiner Wohnungstür, da stand er hinter mir. Ob ich nicht lesen könne, fragte er und dass ich mein Rad SOFORT wieder wegnehmen sollte. Das tat ich nicht und seitdem bin ich einer seiner Lieblingsfeinde. Er nimmt alles mögliche zum Anlass, um mich zu schikanieren. Eine Freundin, die zeitgleich mit ihm an der Haustür ankam, schickte er wieder weg, mit der Lüge, ich wäre gerade fortgegangen. Bei Musik in Zimmerlautstärke (ich mag keine laute Musik) beschwerte er sich über den „Krach“, obwohl wir zwei Stockwerke auseinander wohnen. Mehrmals wurde der Vermieter von ihm angerufen, weil ich angeblich die Mülltüten nicht richtig ausleere, was nicht stimmt.
Heute weiß ich von Nachbarn, dass er bei den meisten wegen seiner Art unbeliebt ist. Anscheinend sieht er seine Lebensaufgabe darin, den Chef zu spielen und alles kontrollieren zu wollen. Manche nennen ihn den „kleinen Blockwart“. Ich bin froh, dass er damit bei den meisten auf taube Ohren stößt, ansonsten wäre das Leben in diesem Haus unerträglich.

Autor: Jan Anders

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